Antifeministische Regression und einseitige Ideologiekritik

Von Mutterimagines und der selbstverschuldeten Unmündigkeit der Frau

Antifeminismus ist nicht nur ein Phänomen (neu-)rechter Kreise, sondern findet sich auch in antideutschen Milieus. Während Feministinnen von Magnus Klaue angeklagt werden, die Emanzipation verraten zu haben, stellen sie für Thomas Maul und David Schneider gar eine Bedrohung des Abendlandes dar. Da beide Autoren im Conne Island, dem zentralen Veranstaltungsort der Leipziger Linken, im Jahr 2018 auftraten, sahen wir uns zu einer feministischen Intervention gezwungen. Der folgende Text beruht in großen Teilen auf einem im Januar 2019 gehaltenen Vortrag im Conne Island, bei dem vor allem die von diesen Herren in der Bahamas #78 veröffentlichen Texte Warum #MeToo ein großangelegter Übergriff auf die Residuen bürgerlicher Zivilisation ist (Thomas Maul/David Schneider) und Doof geboren ist keiner—Zum feministischen Verrat am Universalismus der Freiheit (Magnus Klaue) einer Kritik unterzogen wurden. Da die in diesen Texten zu findenden Verfehlungen überdies kein Einzelphänomen darstellen, sondern für so manche in der Bahamas vorgebrachte, zuweilen problematische Argumentationen repräsentativ sind,Über die rassistischen Tendenzen in der Bahamas siehe auch Felix Riedel, Grenzarbeit—gegen die rechtsantideutsche Querfront, 2018. bit.ly/2m1Mdh2. soll stellvertretend gezeigt werden, wie eine fehlende materialistische Analyse und die damit einhergehende Ausblendung gesellschaftlicher Realitäten zu einer regressiven Verschiebung ideologiekritischer Positionen beitragen können. Die anderen beiden Vorträge zum Thema und die rege Diskussion an diesem Abend können online angehört werden.Audioarchiv. bit.ly/2lKVgTl.

Bei den benannten Texten, so könnte man zunächst denken, handele es sich um eine Auseinandersetzung mit feministischen Positionen, auch wenn diese vielleicht etwas überspitzt sind. Doch die Autoren wählen eine Form der Polemik, die nicht der Schärfung des eigenen Arguments dient. Ihre Polemik läuft einzig darauf hinaus, das Gegenüber zu diffamieren. So sprechen die Autoren den von ihnen kritisierten Feministinnen Intelligenz, Vernunft und Rationalität, rhetorische Begabung, Schreibfähigkeit und auch sexuelle Lust ab. Einzelne Feministinnen, deren Positionen ihnen nicht passen, werden als »brutal verdummt«Magnus Klaue, Doof geboren ist keiner, in: Bahamas #78, 54. beschrieben, sie werden mit trotzigen Kindern verglichen,Thomas Maul/David Schneider, Asexuelle Belästigung, in: Bahamas #78, 47. als »Rudelsubjekte«,Maul/Schneider, Veranstaltungsankündigung, bit.ly/2kyqAoh. als »verbiesterte[...] Gendergruppen«,Thomas Maul/David Schneider, Asexuelle Belästigung, 43. als »Heulsusen«Maul/Schneider, Weil die Emanzipation der Frau gegen ichschwache Heulsusen verteidigt gehört, bit.ly/2kBw2H1. oder als »Bund dummer Mädels«Thomas Maul auf seiner Facebook-Seite am 25. Juli 2018. charakterisiert. Insofern überrascht es auch nicht, dass sich die Herren auch über persönliche Erfahrungen aus dem sexistischen und heteronormativen Alltag lustig machen. Damit verkennen sie, dass solche Erfahrungen nicht auf subjektive Wahrnehmungen vermeintlich hysterischer Feministinnen reduziert werden können, sondern Ausdruck gesellschaftlicher Realität sind. Einer Realität, in der immer noch gravierende Einkommens- und Vermögensunterschiede zwischen den Geschlechtern existieren, in der Frauen politisch und kulturell nicht gleichberechtigt repräsentiert sind, in der es immer wieder zu Gewalt gegenüber Frauen kommt.

Wie ist es möglich, dass Feministinnen als Ziel des politischen Angriffs gewählt werden, dass Feministinnen, die die alltägliche geschlechtliche Zurichtung skandalisieren, auf diese Weise degradiert werden, während die Ungerechtigkeiten, denen Frauen, Homosexuelle aber auch Trans- und Intermenschen in unterschiedlicher Weise in dieser Gesellschaft unterliegen, nicht als Angriff auf die Zivilisation und den Universalismus gedeutet werden? Die Beiträge können nicht als Teil der Diskussion gelten, deren Form bloß etwas nervt, denn diese lässt sich nicht vom Inhalt trennen. So bedienen sich die Herren eines Vokabulars, mit dem unliebsame Frauen seit je her verunglimpft werden. Die Texte von Klaue, Maul und Schneider haben mit einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit feministischen Positionen, ihrem gesellschaftlichen Entstehungskontext oder der notwendigen Kritik an beidem wenig zu tun. Vielmehr sind sie gezielte Beleidigungen und Zuschreibungen, die sich aus einem Antifeminismus, Sexismus und Hass auf Weiblichkeit speisen und die schlussendlich darauf hinauslaufen, feministische Anliegen und eine emanzipative Aufhebung der aktuellen Geschlechterverhältnisse zu torpedieren.

Wie im vorliegenden Artikel ausgeführt wird, sind diese problematischen Ansichten einer einseitigen Ideologiekritik geschuldet, bei der jegliche materiellen Bedingungen und gesamtgesellschaftliche Ausbeutungs- und Herrschaftsstrukturen aus dem Blick geraten sind. Mit ihrem Antifeminismus stehen die Herren jedoch nicht allein da. So lassen sich durchaus inhaltliche Schnittmengen zu rechten Ideologien erkennen, schließlich stellt der Antifeminismus eine regressive Abwehrreaktion auf Entwicklungen des Kapitalismus dar, wie mithilfe einer materialistisch-feministischen Analyse gegenwärtiger sozioökonomischer Realitäten gezeigt wird.

Feministinnen als Zerstörerinnen von Lust und Erotik

Auch wenn das Bild der prüden Feministin so alt wie der Wald ist, bemühen sich die benannten Autoren um eine Neuauflage dieses Klischees. Demnach befürchten Maul und Schneider, dass die #MeToo-Kampagne und die Verschärfung des Vergewaltigungstatbestandes zu einer Verregelung der Sexualität durch ein imaginiertes »Gendertribunal« führe, wodurch sie jeder Impulsivität und somit ihres Wesens beraubt werden würde: »Das beargwöhnte heterosexuelle Verlangen soll nicht mehr die private Sache von Einzelnen sein, sondern gemäß einer politisch korrekten Verfahrensanweisung ablaufen, deren Regelkonformität der genderpolitisch aufgemotzte Staat überwacht.«Thomas Maul/David Schneider, Asexuelle Belästigung, 44.

Aufgrund der abstrusen Behauptung, Feministinnen würden Sex und zügelloses Flirten unterbinden wollen, sehen Maul und Schneider sogar eine vermeintliche Nähe der Feministinnen zu Islamisten, da die besagte Verschärfung einer islamischen Sexualmoral entgegen komme und sowohl Islamisten als auch Feministinnen für eine Sakralisierung des weiblichen Körpers eintreten würden.Mit Blick auf die Realität sollte Maul und Schneider bewusst werden, dass  eine weitreichende juristische Handhabung  mehr als geboten ist. Zum einen gehören Vergewaltigungen zu den Straftaten, die kaum der Polizei gemeldet werden (es wird von sieben Prozent ausgegangen) und die zum anderen nur in rund zehn Prozent der gemeldeten Fälle zu Verurteilungen führt. So heißt es im Text: »War einst während des einvernehmlichen Sexualakts die Fähigkeit der Beteiligten gefragt, Subjektform, Verantwortung und Kontrollwahn abzustreifen, sich also im anderen zu verlieren, hinzugeben, eben auch fremd bestimmen zu lassen: vom Partner wie auch von der eigenen Lust, steht die Lust nun selbst unter der souveränen Reglementierung von haram und halalMaul/Schneider, Asexuelle Belästigung, 45.

Es drängt sich die Frage auf, wann dieses »einst« gewesen sein soll. Wann begegneten sich Frau und Mann, auch im Bett, als gleichberechtigte Subjekte? Offensichtlich halluzinieren die beiden hier eine Welt zusammen, in der noch alles gut war—und die nun von Feministinnen ins Wanken gebracht wird. Diese imaginierte Vertreibung aus dem Paradies tritt besonders offensichtlich zu Tage, wenn sie sich über Feministinnen echauffieren, die eine sexuelle Beziehung zwischen einem Professor und seiner Studentin infrage stellen. So heißt es: »Studentinnen, die aus linksfeministischen Gründen gar kein gesteigertes Interesse am Erwerb der Fähigkeit hegen, Männer, sei es sexuell oder gar intellektuell, zu befriedigen, wissen auch nichts mehr von der Macht, die solche Fähigkeit über Männer verleihen kann, weshalb das vergangene Bild eines wechselseitigen Machtgebrauchs nur als einseitig männlicher Machtmissbrauch rezipiert [...] wird.«Ebd., 49.

Dieses Zitat ist auf vielerlei Ebenen bezeichnend. Offensichtlich können Maul und Schneider solch einer Beziehungskonstellation zwischen den Geschlechtern einiges abgewinnen. Dabei zeichnen sie das Bild eines gleichberechtigen und wechselseitigen Machtgebrauchs: Indem die Frau dem Mann den Kopf verdrehe und ihn emotional und sexuell an sich binde, entstehe eine Macht, die die—auch von den Autoren gesetzte—gesellschaftliche Macht des Mannes ausgleiche. Davon abgesehen, dass hier tradierte Geschlechterrollen reproduziert werden, ignoriert das Beispiel, dass in solchen Fällen die Macht von Männern strukturell größer, und die Frau damit immer abhängiger ist, da sie auf sozialen, politischen und ökonomischen Ressourcen der patriarchal geformten Gesellschaft beruht. Offensichtlich sind die Autoren nicht willens oder fähig, dieses wenig emanzipatorische Machtungleichgewicht zu sehen oder gar zu problematisieren.

Für Maul und Schneider ist der Feminismus »eine Mobilmachung für Sittlichkeit«, da Feministinnen »Koketterie und Verführung [...] unter Generalverdacht« stellen würden.Ebd., 44. Wahrhaft emanzipierte Frauen würden heute, so Maul und Schneider, stattdessen Männer mit Virilität vermissen. Indem sie das gängige Bild der frigiden und lustfeindlichen Feministinnen zeichnen, versuchen sie Feministinnen und die Auseinandersetzung um das Geschlechterverhältnis zu delegitimieren. Dass weibliche Lust und eine sexuelle Befriedigung erst durch feministische Bewegungen zum Topos und zunehmend auch für Frauen erlebbar wurden, scheinen sie einfach auszublenden.

Feministinnen als Antisemitinnen

Doch hier enden die Entgleisungen noch lange nicht. Unserer Meinung nach offenbaren sich in den Texten von Klaue und vor allem von Maul und Schneider wahnhafte Züge mit der Tendenz zur Verschwörungstheorie. Welche Macht hier den wenigen Feministinnen zugeschrieben wird, ist schon beeindruckend. So charakterisieren Maul und Schneider die #MeToo-Kampagne als »totalitärfaschistoid«Ebd., 43. und beschreiben sie als »ernsthaften Angriff auf die Zivilisation«, da es sich um eine Hetzkampagne handele, bei der die Unschuldsvermutung aufgehoben werde. So heißt es: »mittels einer medial inszenierten Parallel- und Selbstjustiz [werden] mutmaßliche Täter als Sexualverbrecher zum Abschuss freigegeben und sozial hingerichtet, d.h. gesellschaftlich geächtet und zu Vogelfreien erklärt«,Ebd., 42. als ob vermeintliche Täter von Horden wilder Feministinnen gelyncht worden wären. Es bedarf einer dreisten Ignoranz, die #MeToo-Kampagne als einen »hemmungslose[n] Angriff auf das zivilisierte Zusammenleben in den westlichen Gesellschaften« darzustellen,Ebd. während die Gewalt gegen Frauen, trans- und intersexuelle Menschen ausgeblendet und keiner Analyse unterzogen wird. Um das Ausmaß der sexistischen Gewalt zu verdeutlichen, eine kurze Erinnerung an die Fakten: Laut Bundeskriminalamt hat jede vierte Frau in einer Beziehung körperliche oder sexuelle Gewalt erlebt. Um die 150 Frauen werden in Deutschland jährlich von ihren Partnern oder Ex-Partnern ermordet. Im Jahr 2017 wurden 56.000 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, davon 12.000 Vergewaltigungen registriert.Bundeskriminalamt, Polizeiliche Kriminalstatistik 2017, bit.ly/2JnTfaE und Bundeskriminalamt, Partnerschaftsgewalt – Kriminalstatistische Auswertung, 2017, bit.ly/2koRvmB.

Nicht nur befremdlich, sondern schon wahnhaft, erscheinen Mauls und Schneiders Kommentare zur Journalistin Veronika Kracher, die sie als trotziges Kleinkind bezeichnen, das nichts kann, aber bockig rummotzt. In einem längeren Facebook-Eintrag hatte Kracher die sexistische Alltagswelt beschrieben und diese Erfahrungen mit Mückenstichen verglichen, von denen einer erträglich, aber viele davon richtig nervend seien.

Nun kommen die Ideologiekritiker Maul und Schneider so richtig in Fahrt, da sie meinen, eine antisemitische Denkweise aufgespürt zu haben. Nicht nur, weil sie für die Erfahrung von Alltagssexismen die Metapher, wie es Maul und Schneider ausdrücken, von »blutsaugendem Ungeziefer«Maul/Schneider, Asexuelle Belästigung, 48. nutzt, sondern, weil sie die Männer als dominant und abstoßend zugleich empfinde, stehe Kracher »vor demselben Problem [...] wie der Antisemit«,Ebd. für den der Jude lästigen Untermensch und machtvollen Übermensch zugleich verkörpere. Wie häufig bei Texten aus diesem Teil des antideutschen Spektrums, wird hier nach einer bestimmten Argumentationslogik vorgegangen: Eine missliebige Autorin, deren Texte oder Aussagen sie als problematisch empfinden, wird herausgestellt und direkt angeprangert, was auf eine ganze Bewegung zutreffen soll. Man fragt sich auch in diesem speziellen Fall: Handelt es sich aus der Perspektive von Maul und Schneider um ein Einzelproblem, oder gilt der Vorwurf des Antisemitismus Feministinnen im Allgemeinen? Auch wenn sie mit Andeutungen arbeiten und es nicht explizieren: vermutlich Letzteres. Nachdem sie die vermeintliche Gemeinsamkeit aufgezeigt haben, trauen sie sich dann nicht, den logisch folgenden argumentativen Schritt auszusprechen. Nähme man diesen Vorwurf ernst, würde daraus folgen, dass für Maul und Schneider die Männer zu den neuen Juden geworden sind.

Individualpsychologie vor Gesellschaft

Kennt man ihre vergangenen Texte, ist es wenig überraschend, dass für Maul und Schneider—und mit Abstrichen auch für Klaue—die ungleichen und eben ungerechten Geschlechterverhältnisse wenig veränderungsbedürftig sind, wenn sie nicht gerade muslimische Milieus betreffen. Sowohl der diskursive Weg, wie ihn die #MeToo-Kampagne beschritt, als auch die institutionelle Variante über Rechtsprechung werden von Maul und Schneider als Interventionsformen abgelehnt. Stattdessen schlagen sie vor, dass die belästigten Frauen dem Grabscher doch bloß einfach eine Ohrfeige versetzen müssten. Und so fällt auch bei der Lektüre der Texte immer wieder auf, was Frauen alles überantwortet wird. Die Autoren treten offensichtlich in die individualistische, man könnte auch sagen postmoderne, Falle und schieben die Verantwortung jeder Einzelnen zu: Sie müsse Stopp sagen, sich beherzt gegen Übergriffe wehren, eben einfach Subjekt sein. Gesellschaftliche Strukturen, die ungleiche Geschlechterverhältnisse und Sexismus hervorbringen und reproduzieren, spielen einfach keine Rolle, weshalb antideutsche Antifeministen auch selbstredend keinen gesamtgesellschaftlichen Transformationsbedarf sehen. Ganz der neoliberalen Logik entsprechend wird die Verantwortung der Einzelnen übertragen oder der Schutz in der Anrufung konservativer Rechtsprechung gesucht.

Klaue hebt sich von Schneider und Maul ab, da seine Wortwahl nicht ganz so schroff und abwertend ist. Während Schneider und Maul jegliche inhaltliche Auseinandersetzung mit Feministinnen vermissen lassen, ist Klaues Antifeminismus subtiler, da er sich zwar mit feministischen Autorinnen auseinandersetzt, aber diese selektiv rezipiert und gegen ein feministisches Grundanliegen ausspielt. Statt den aktuellen Zusammenhang zwischen Geschlechterrollen, sozioökonomischen Entwicklungen und Ungleichheitsverhältnissen nachzugehen, klagt er lieber Feministinnen für ihre angeblich selbstverschuldete Unmündigkeit an.

In seinem Artikel Doof geboren ist keiner bezieht er sich auf die Feministin Marina Moeller-Gambaroff, die einen Männerhass unter Feministinnen der zweiten Frauenbewegung beobachtete. Dieser entstehe ihrem Argument nach, weil die Feindseligkeit gegenüber der Mutter, die aus der Hilflosigkeit in der frühen Mutter-Kind-Bindung rühre, später auf den Mann übertragen werde. Wie Klaue weiß, bestehe der Schlüssel zur Befreiung aus der Unfreiheit der Frauen daher darin, sich von der »ungetrübt positiven Mutterimago«Klaue, Doof geboren, 53. zu lösen. Der nächste Schritt auf dem Weg zur wahrhaften Emanzipation liege laut Klaue in der phallischen Anmaßung, der Identifikation mit der männlichen Subjektposition und ihrer libidinösen Besetzung.

Obgleich an diesem letzten Gedanken etwas Wahres dran ist und Frauen—wenig überraschend—in einer patriarchal geprägten Gesellschaft über die Identifizierung mit dem Vater oder Mann zu einem Mehr an Freiheit gelangen können, ist seine Rezeption Moeller-Gambaroffs selektiv und damit unzulänglich. Klaue meint hier im Schatten einer Feministin mitsegeln zu können, verschweigt jedoch, dass Moeller-Gambaroff Männerfeindschaft aufgrund der gesellschaftlichen Umstände verständlich findet, diese aber kritisiert, wenn sie zur Ideologie wird.Marina Moeller-Gambaroff, Emanzipation macht Angst, in: Emanzipation: feministische Zeitschrift für kritische Frauen, 1980, Band 6, Heft 1, 21. So macht es einen Unterschied, ob man wie Moeller-Gambaroff (Selbst-)Kritik unter Feministinnen übt und die fehlende Auseinandersetzung mit der Mutter als ein Hemmnis auf dem Weg zum autonomen Selbst präsentiert, aber trotz alledem von einer patriarchalen, sprich unterdrückenden Gesellschaft ausgeht, oder ob man, wie Klaue, von einer »vermeintlich fortdauernden Herrschaft des Patriachats«Klaue, Doof geboren, 53. spricht. So verfehlt er die Argumentation ums Ganze, wenn er nicht willens ist, die beschriebene Mutter-Kind Bindung historischmaterialistisch zu kontextualisieren.

Wir leben in einer bürgerlichen Gesellschaft, die kapitalistisch strukturiert und patriarchal geprägt ist. Dass zum einen viele Frauen, insbesondere Mütter, von ihren Partnern finanziell abhängig sind, da sie nach wie vor weniger und für schlechtere Löhne arbeiten, dass zum anderen in Familien polarisierte Geschlechterrollen zum Tragen kommen und auch noch verstärkt werden, ist keine Neuigkeit. Frauen üben einen Großteil der Sorgearbeit und reproduktiven Tätigkeit in Familien, Freundschaften und im Haushalt aus. Die Existenz von geschlechtlichen Sozialcharakteren, die sich immer noch dadurch auszeichnen, dass Frauen einen Großteil ihrer Anerkennung über Liebe und Selbstaufgabe für andere beziehen, sie also gerne Vollzeitmutti sind, während der autonome Mann seine Bestätigung in der Öffentlichkeit und im Beruf sucht, überrascht daher keineswegs.

Wenn gesamtgesellschaftliche Transformation auf einer psychoanalytischen Ebene gedacht werden sollen, dann muss auch der Vater als Teil dieser Konstellation betrachtet werden. Warum reflektiert Klaue also nicht, dass die Rolle des Vaters in der Entwicklung von Töchtern hin zu selbstbewussten und autonomen Subjekten äußerst relevant ist? Jessica Benjamin hat in ihrem Buch Fesseln der Liebe aufgezeigt, wie die klassische Unerreichbarkeit des Vaters, die fehlende Fürsorglichkeit, Anerkennung und Ermutigung der Tochter auf Seiten des Kindes einerseits und die sexistische Rollennorm für Frauen andererseits erst zur besonderen Bindung zwischen Mutter und Kind führen. Dass mitunter die unbefriedigte Liebe zum Vater und seine fehlende Aufmerksamkeit später Quelle für Männerhass sein kann, fällt einfach unter den Tisch. Der innerpsychischen Herrschaft der Mutter, die Moeller-Gambaroff etwa bei der Sauberkeitserziehung entstehen sieht und von der es sich später zu lösen gilt, könnte man grundlegend anders begegnen. Statt, wie Klaue, den Feministinnen selbstverschuldete Unmündigkeit vorzuwerfen, wären Rollen- und Identifikationsmodelle verschieden und somit auch der Weg zur Emanzipation schlichtweg ein anderer, würden heterosexuelle Paare die Kindererziehung aufteilen oder ganz dem Vater übertragen. So sträubt sich Klaue mit aller Macht gegen die simple, ihn eben auch selbst betreffende Erkenntnis, dass Frauen erst einen autonomen Subjektstatus erreichen können, wenn auch die Männer zu gleichen Teilen die emotionalen und reproduktiven Arbeiten nicht nur in der Familie, sondern in allen sozialen Beziehungen übernehmen.

Hass auf die Weiblichkeit

Welches Verhalten gewisser Feministinnen Maul und Schneider aber auch Klaue so richtig gegen den Strich geht, und daher immer wieder aufs heftigste abgeurteilt wird, zeigt sich in aller Deutlichkeit in einer Antwort von Schneider auf die Kritik am #MeToo-Text: »Was wir kritisiert haben, ist keinesfalls irgendeine Stärke oder Autonomie von Frauen, die wir selbstredend explizit einfordern, sondern das subjektiv aufdringlich-schamlose und objektiv bemitleidenswerte Hausieren mit der eigenen Schwäche.«Schneider, ichschwache Heulsusen. Schon in ihrem Text werten die Autoren das öffentliche Kommunizieren von Leid, dass sich aus den Erfahrungen mit einer sexistischen Umwelt speist, als peinlich ab. Eine Abwehr von Emotionalität zeigt sich auch in Klaues Artikel, in dem er Feministinnen Soft-skills unterstellt, die er als eine »Mischung aus pampiger Wut, stolzer Borniertheit und permanentem Beleidigtsein«Siehe Ankündigungstext zur Veranstaltung, www.conne-island.de/terminlang/2017.html. charakterisiert.

Die Herren ignorieren einfach, dass der Status als gleichberechtigtes Subjekt für Frauen nicht durchgesetzt ist. Frauen verfügen weder über gleiche ökonomische noch politische Mittel, woraus sich individuelle Konflikte ergeben, die Emotionen der Wut, aber auch der Schwäche hervorbringen können. Doch nur weil man die eigene, aus negativen Erfahrungen im Geschlechterverhältnis entstandene, Ohnmacht und den Frust artikuliert, ist eben das Argument, für das die Erfahrungen als Beispiele dienen, nicht automatisch falsch. Außerdem blenden Klaue, Schneider und Maul offensichtlich einen fundamentalen Aspekt aus: Die männliche Subjektkonstitution in ihrer Rationalität und Autonomie, man kann sagen, die bürgerliche Gesellschaft als solche, funktioniert nur, indem die eigene Schwäche und Emotionalität abgespalten und auf das weibliche Gegenüber übertragen werden. So zeigt sich deutlich eine Einstellung, die laut Bini Adamczcak in allen patriarchalen Gesellschaften vorzufinden ist: »Sie verachten die Weiblichkeit mehr als die Frauen«.Bini Adamczak, Beziehungsweise Revolution, 1917, 1968 und kommende, Berlin, 2017, 132. Vor allem Emotionalität, Kontrollverlust, Unsicherheit und Schwäche sowie Abhängigkeit und Passivität werden gesellschaftlich mit Weiblichkeit in Verbindung gebracht und abgewertet. Antideutsche Antifeministen sind unfähig zu reflektieren, dass sie, indem sie sich über Schwäche und Emotionalität lustig machen, das Bild eines souveränen und emotionsbefreiten Mannes reproduzieren und damit vor allem ihre eigene Abhängigkeit leugnen. Denn sie sind nicht gewillt anzuerkennen, dass—wie es Friederike Beier und andere formulieren—sowohl der eigene Erfolg (man könnte auch Subjektwerdung sagen) als auch das kapitalistische Wirtschaftssystem auf der zentralen Voraussetzung »der Liebe, Fürsorge und Versorgung durch andere«Friederike Beier, Lisa Yashodhara Haller, Lea Haneberg, Plädoyer für einen materialistischen Feminismus, in: Dies. (Hg.): materializing feminism, Münster, 2018, 8. basieren.

Aufgrund ihrer einseitigen ideologiekritischen Denkweise gelingt es den Autoren antideutscher Provenienz nicht, die materielle Seite der Produktion wie der Reproduktion der Gesellschaft zu erfassen, wodurch sie auch nicht in der Lage sind, gesamtgesellschaftliche Strukturen mit den Geschlechterverhältnissen in Beziehung zu setzen. Da sie somit in ihren Analysen den Umstand außen vor lassen, dass das Funktionieren des Kapitalismus entscheidend auf einer geschlechtlichen Arbeitsteilung und somit auf einer sozialen Herrschaftsstruktur beruht, ignorieren sie auch die krassen Macht- und Vermögensunterschiede zwischen den Geschlechtern als auch die sexuelle sowie körperliche Gewalt gegen Frauen, Homo- und Transsexuelle.

Eine auf viele antideutsche Autoren zutreffende Kritik muss somit auch hier in aller Deutlichkeit formuliert werden: Maul, Schneider und Klaue verkehren die Ideologiekritik vom Mittel zum Zweck und lösen sie von der Kritik der politischen Ökonomie. Als ob Gesellschaft alleinig über Ideen und Diskurse bestimmt werden würde. Offensichtlich sind sie der Vorstellung anheimgefallen, das Versprechen auf Freiheit und Gleichheit lässt sich ohne die Transformation sozialer Verhältnisse und ihrer materiellen Bedingungen verwirklichen.

Über den Zusammenhang materieller Verhältnisse, Reproduktion und Regression

Wenn man das eigene linke Selbstverständnis jedoch noch nicht aufgeben hat, also Ausbeutungs- und Herrschaftsverhältnisse verstehen und verändern will, ist es—auch angesichts der derzeitigen politischen Zuspitzungen—dringend notwendig zu schauen, inwiefern kapitalistische Produktionsbedingungen mit den Geschlechterverhältnissen verknüpft sind. Ohne hier einer ökonomischen Analyse das Wort reden zu wollen, lassen sich islamistische oder faschistische Konjunkturen eben nicht allein ideologisch verstehen. Weder kann man den Aufstieg der AfD allein auf post-nazistische oder post-sozialistische Traditionen zurückführen, noch liegen die Ursachen des Islamismus allein in der Religion begründet. Vielmehr lässt sich die Produktion von Ideologien nur im gesellschaftlichen Gesamtzusammenhang verstehen, zu denen selbstredend die Geschlechterverhältnisse und deren soziale wie ökonomische Bedingungen gehören.

Nachdem die Massenproduktion der Nachkriegszeit in den westlichen Staaten nicht mehr die nötigen Profite abwarf und in den globalen Süden wanderte, bestand die neoliberale Krisenbearbeitung im Abbau wohlfahrtsstaatlicher Leistungen und weitgehender wirtschaftlicher Liberalisierung und finanzpolitischer Deregulierung. Seitdem nimmt der Reichtum weniger stetig zu, während die soziale Ungleichheit ansteigt und immer größere Teile der Gesellschaft in prekäre Lebensverhältnisse rutschen. Diese machen sich breit, weil stagnierende Reallöhne, hohe Mieten und mangelhafte Alters- und Krankenversorgung zunehmend die Normalität darstellen.

Der ökonomische Strukturwandel hin zum Postfordismus ist mit einem massiven Abbau von Arbeitsplätzen in der Industrie und im produzierenden Gewerbe bei gleichzeitigem Anwachsen der Dienstleistungsbranche verbunden, wobei in den neuen Berufen im Dienstleistungsbereich vielfach Kompetenzen benötigt werden, die traditionell als weiblich gelten; Team- und Kommunikationsskills, aber auch Multitasking-Fähigkeit werden verlangt. Der Strukturwandel und seine geschlechtliche Dimension zeigt sich auch quantitativ: Waren in den Sechzigerjahren über 90 Prozent aller Männer erwerbstätig, sank diese Zahl in dem Maße, wie die Frauen in den Arbeitsmarkt eintraten. Heute sind in Deutschland ca. 75 Prozent der Männer und 65 Prozent der Frauen erwerbstätig. Viele dieser Frauen übernehmen einen Job im wachsenden Bereich in der Pflege, in der Sozialarbeit und im Bildungsbereich. Mit Sorgearbeit lässt sich aber, so haben Autorinnen wie Tove Soiland zu Recht betont, nur bedingt Gewinn erwirtschaften. Bei diesen personenbezogenen Arbeiten lässt sich die Produktivität nicht restlos steigern, weshalb es sich um einen wertschöpfungsschwachen Sektor handelt. Unternehmen können ihre Profite nur über schlechte Löhne und prekäre Arbeitsverhältnisse erzielen. Somit treten zwar immer mehr Frauen in den Arbeitsmarkt ein, jedoch zu viel niedrigeren Löhnen. Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch, warum die ökonomischen Machtverhältnisse zwischen den Geschlechtern unangetastet bleiben. Laut einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung nahm das Gefälle zwischen den Vermögen von Männern und Frauen in Westdeutschland sogar weiter zu.So besitzen Frauen in Westdeutschland nur knapp zwei Drittel des Vermögens der Männer und der Abstand vergrößert sich, bit.ly/2m0AjE5. Mit dem Postfordismus geht nicht nur Normalisierung prekärer Arbeitsformen, sondern auch die zunehmende Konkurrenz zwischen den Geschlechtern in der Lohnsphäre einher.

Die Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt spiegeln sich zugleich in den sich transformierenden Familienstrukturen; die traditionelle Kleinfamilie mit dem männlichen Ernährer scheint der Vergangenheit anzugehören. Da immer mehr Frauen aus ökonomischer Notwendigkeit arbeiten gehen, werden sie auch finanziell und sozial unabhängiger, und somit auch für Männer weniger verfügbar. Durch die steigende Erwerbsarbeit der Frauen leidet aber auch die—vormals meist von ihnen in den Familien ausgeübte—Sorge- und Hausarbeit. Es gibt zu wenig Zeit, sich um Kinder, kranke Freunde oder Eltern oder um sich selbst zu kümmern. Der Druck auf die je individuelle Reproduktion und die der Familien kann dann nur abgemildert werden, indem Putzkräfte und Nannys eingestellt und Yogakurse besucht werden—was natürlich wiederum eine Klassenfrage ist.

Angesicht der beschriebenen gesellschaftlichen Transformationsprozesse verschärfen sich die sozialen Verhältnisse. Alle Ebenen, die zur Sicherung des eigenen Lebens dienen, wie Arbeit, Familie und Staat, sind immensen Umbauprozessen unterlegen, wobei die Anforderungen und Risiken auf die Einzelnen übertragen werden. Durch die Neuausrichtung der Kapitalakkumulation kommt es daher zu einer Neubestimmung von produktiven wie reproduktiven Aufgaben. Eine andere Subjektposition wird verlangt und Geschlechterverhältnisse verschieben sich. Das ist ein konflikthafter Prozess. Es zeigt sich ein bedrohtes männliches Selbst, insbesondere da die Karriere oder der Beruf zentrale Stützpfeiler der Männlichkeitskonstruktionen sind, d.h. das eigene männliche und berufliche Selbstverständnis sind eng miteinander verknüpft. Männlichkeit, konstituiert in der Abgrenzung zu allem Weiblichen, ist grundsätzlich gefährdet und kann in Bedrohungssituationen über die Abwertung konkreter Frauen und allem als weiblich Wahrgenommenen stabilisiert werden. Es ist daher irreführend von einer genuin neuen Krise des männlichen Subjekts zu sprechen, ist doch sein grundlegender Konstitutionszusammenhang als nicht-statisches Verhältnis an sich krisenhaft. Ist der Mann nicht mehr in der Lage, Ernährer zu sein oder sich beruflich zu verwirklichen, droht eine gesellschaftliche Entwertung, die durch die Abwertung von Weiblichkeit und Frauen abgefedert oder umgeleitet werden kann. In diesen Fällen kommt es somit zu einer Reaktivierung tradierter Rollen und Geschlechterverhältnisse, wofür etwa faschistische und islamistische Ideologien herangezogen werden können.

Betrachtet man die Rolle von Männlichkeit in den neurechten Diskursen, wird schnell deutlich, dass es sich hier um eine regressive Bearbeitung gesellschaftlicher Konflikte handelt. Aber auch die Texte von Maul, Klaue und Schneider interpretieren wir als ein gesellschaftliches Phänomen. Auch hier kommt, natürlich dem Milieu und der Klasse entsprechend, eine männliche Behauptungsstrategie zum Vorschein.

Der letzte kritische Kritiker oder doch einfach nur Mainstream?

Wie notwendig ein gesellschaftlich wirkungsvoller Feminismus ist, haben die Landtagswahlen in Sachsen erneut gezeigt, bei der die Mehrheit der männlichen Wähler die AfD gewählt hat. Die Tatsache, dass das Gros der Männer offensichtlich einem regressiven Frauenbild, für das die AfD steht, anhängt, führt die politische Fahrlässigkeit der neuerlichen antifeministischen Angriffe von Klaue, Maul und Schneider vor Augen.

Statt die Ausbeutungs- und Herrschaftsverhältnisse im Kapitalismus in den Blick zu nehmen, die für die zunehmende politische Polarisierung verantwortlich sind, statt sich mit dem Verhältnis von Emanzipation und Männlichkeit auseinanderzusetzen und dabei der Tatsache auf den Grund zu gehen, dass die absolute Mehrheit aller rassistischen, islamistischen, homophoben und sexuellen Gewaltverbrechen von Männern ausgeübt wird, schieben Klaue, Maul und Schneider lieber die Schuld für die aktuellen Probleme dem Genderwahn, der Identitätspolitik und der Islamisierung zu. Hinter diesem Reflex, Muslimen und Feministinnen das Übel der Welt zu überantworten, verbirgt sich eine fehlgeleitete und mitunter verschwörungstheoretische Ideologie, mit der es gelingen soll, das eigene Unbehagen, den eigenen Frust, vielleicht auch die eigene Unsicherheit auf unliebsame gesellschaftliche Gruppen und politische Zusammenhänge zu übertragen. Damit sind sie unfähig zu sehen, dass es zuvörderst die Entwicklungen der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft sind—und nicht die Muslime oder die Feministinnen—, die den für Männer gewohnten und gesellschaftlich günstigen Subjektstatus ins Wanken bringen. Doch offenbar erheben sie gar nicht den Anspruch, die Realität der bürgerlichen Gesellschaft zu reflektieren, sonst müssten sie sich auch mit der geschlechtlichen Vermittlung ihrer zentralen Prinzipien des Individualismus und der Rationalität auseinandersetzen. Die gesellschaftlichen Folgen, die aus diesem Verhältnis entstehen, behandeln sie als geschlechtsneutral und nicht von einem männlichen Subjekt ausgehend.

Wir haben in unseren Ausführungen deutlich gemacht, dass die Form der Ideologiekritik, wie sie die drei Autoren betreiben, eine einseitige ist. Indem eine solche Ideologiekritik nicht die materiellen (Reproduktions- und Produktions-) Bedingungen der Gesellschaft analysiert, indem sie gesamtgesellschaftliche Strukturen aus dem Blick verliert, verliert sie auch ihren Anspruch auf eine gesamtgesellschaftliche Emanzipation. Stattdessen dient Ideologiekritik und die damit einhergehende Distinktionswut vielen Antideutschen dazu—wie Felix Bartels treffend beschreibt—sich weiterhin als kritische Kritiker inszenieren können.Felix Bartels, Being a Bat. Ideologiekritik und der Tritt in den Abgrund, https://salonkolumnisten.com/being-a-bat/. Man trauert dem Gefühl nach, politisch subversiv zu sein. Somit wird die Ideologiekritik zur Fluchtbewegung und zu einem Mittel, sich nicht eingestehen zu müssen, dass man mit der eigenen Position längst zur Mitte der Gesellschaft gehört. Ein Blick in die Bahamas bestätigt diese Einschätzung. Magnus Klaue, Thomas Maul und David Schneider haben sich längst zu Liberalkonservativen gemausert, die in Zusammenhängen und Debatten, in denen die Emanzipation für alle der Orientierungspunkt ist, nicht mehr viel verloren haben. Leider eignen sie sich auch immer weniger als liberales Korrektiv einer außerparlamentarischen Linken, da sie ein Politikverständnis und einen Habitus an den Tag legen, der eher an K-Gruppen erinnert. Man kann sich nur wünschen, dass sie die Errungenschaften der liberalen Demokratie ernst nehmen und anfangen, sich im pluralistischen und pragmatischen Verständnis von Politik zu üben.

Die Kritik der Antideutschen war und ist für die Entwicklung der Linken wichtig. Die Skepsis gegenüber Massenmobilisierungen, die Sensibilität für Antisemitismus und die Kritik an von Linken praktizierten problematischen Bündnissen oder Solidarisierungen, aber auch die Wertschätzung von Rechtsstaatlichkeit und bürgerlichen Freiheiten, sind Errungenschaften, die wichtige Reflexions- und Lernprozesse in Gang gesetzt haben. Doch wenn sich diese Art des antideutschen Denkens, aus dem sich jene regressive Form der Ideologiekritik entwickelt hat, weiter verselbstständig und nicht mehr gesamtgesellschaftliche Ausbeutungs- und Herrschaftsstrukturen und deren materielle Grundlagen in die Analyse einbindet, wird ihm das Verständnis einer gesellschaftlichen Totalität verloren gehen. Zugleich desavouiert sich ihre sonst so laut vorgetragene Maxime nach einem Universalismus. Dieser beschränkt sich offensichtlich nur auf formale bürgerliche Rechte und impliziert weder gleiche soziale Rechte, die die Grundlage für die Wahrnehmung der politischen Rechte bilden, noch unterstützen sie eine Politik, die für eine Realisierung gleicher Rechte für alle kämpft. Antifeministische Ergüsse, wie die, die wir hier beispielhaft kritisieren, sind ein deutliches Zeichen dieser Fehlentwicklung, weshalb sie nicht unwidersprochen bleiben dürfen.

Feministische Intervention

Die Feministische Intervention mischt sich dort ein, wo Ideologiekritik zur trotzigen Praxis gekränkter Theoriemännlichkeit verfällt, und fordert stattdessen eine Ideologiekritik, die sich in Beziehung zu den Verhältnissen setzt, die sie hervorbringen.