Editorial

Zwanzig Jahre »neues Deutschland« – schwer zu ertragen. Die ewigen Rückblicke auf den einen deutschen Unrechtsstaat, die guten BürgerInnen, die zusammenzucken, wenn Cops auf »friedliche« DemonstrantInnen prügeln oder über Grenzmorde trauern, so lange dies in einem Unrechtsstaat passiert, aber niemals in der Lage sind, die Zustände hier und heute als gewaltvoll einzuordnen. Menschen, die bei dem Versuch, nach (West-) Europa zu kommen, sterben, sind Alltag. Sie werden nicht einmal mit einem Achselzucken bedacht, sondern hingenommen. »Selbst Schuld« denken die meisten, is ja auch verboten und Verbotenes wird zu Recht bestraft. Das zum Teil mörderische Grenzregime der europäischen Agentur frontex ist kaum jemandem ein Begriff. Vielleicht sorgt das Grenzcamp in Lesbos für ein wenig Aufmerksamkeit, wahrscheinlich ist das nicht.

Zwanzig Jahre »neues Deutschland« – schwer zu ertragen. Die ewigen Rückblicke auf den einen deutschen Unrechtsstaat, die guten BürgerInnen, die zusammenzucken, wenn Cops auf »friedliche« DemonstrantInnen prügeln oder über Grenzmorde trauern, so lange dies in einem Unrechtsstaat passiert, aber niemals in der Lage sind, die Zustände hier und heute als gewaltvoll einzuordnen. Menschen, die bei dem Versuch, nach (West-) Europa zu kommen, sterben, sind Alltag. Sie werden nicht einmal mit einem Achselzucken bedacht, sondern hingenommen. »Selbst Schuld« denken die meisten, is ja auch verboten und Verbotenes wird zu Recht bestraft. Das zum Teil mörderische Grenzregime der europäischen Agentur frontex ist kaum jemandem ein Begriff. Vielleicht sorgt das Grenzcamp in Lesbos für ein wenig Aufmerksamkeit, wahrscheinlich ist das nicht.

Selbst ein Mord im Quasi-Heiligtum des Rechtsstaats, im Gerichtssaal – verübt vom Angeklagten an der Zeugin und Nebenklägerin – sorgt nicht für den angemessenen Aufruhr. Der rassistische Mord an Marwa El Sherbini fand erst als solcher ein wenig Beachtung, als es in anderen Ländern zu antideutschen Aussagen kam. Der Fakt, dass der Mann der Getöteten beim Versuch zu helfen von Polizisten angeschossen wurde, bleibt zumeist unerwähnt. Der Polizist dachte, es handele sich um den Täter. Rassistische Motive ausgeschlossen.

In der Vorzeigestadt Berlin, nach der eine ganze Republik benannt wird, treten Nazis immer offensiver auf. Anfang Juli versuchten vier Nazis in der Nähe des S- und U-Bahnhofs Frankfurter Allee den 22-jährigen Jonas umzubringen, den sie zumindest als »nicht rechts« identifizierten. Der aus Funk und Fernsehen bekannte »Bordsteinkick« misslang glücklicherweise. Allerdings muss Jonas einen Monat später noch immer im Krankenhaus behandelt werden. Der versuchte Mord wird im Nachgang als Auseinandersetzung zwischen Rechten und Linken behandelt. In den »Spandau Arcaden« wurden zwei Schwarze und ihre Begleiterinnen nur wenige Tage vorher von mindestens zehn Typen erst rassistisch angemacht und dann nach Gegenwehr brutal zusammengeschlagen und mit Messern angegriffen. Die beiden wurden so schwer verletzt, dass eine Mordkommission gebildet wurde. In der Pressemitteilung der Polizei heißt es nach dem Überfall dennoch nur lapidar, es ginge um einen »Streit unter jungen Männern«. Deutschland – eine Zumutung.

Es gibt ein internationales Zeichen für Protest!