Editorial

Für wen steht Hohmann? O-Töne aus der hessischen Provinz sagen, er ist einer von »uns« — und machen nebenbei ostzonalen Mundarten die hinteren Plätze im Dialektikranking streitig. Die Politik der Zivilgesellschaft mag Antisemiten am liebsten am rechten Rand.

So ist das National-Sein leichter. Auch mit 65 Prozent der deutschen StaatsbürgerInnen, die in Israel die größte Gefährdung des Weltfriedens sehen, lässt sich leben. Man wird wohl noch israel kritisieren dürfen, sagen die einen. Wissenschaftlich falsch gefragt, sagen die anderen. Kein Grund zur Aufregung in Deutschland. Auch nicht für viele Linke. Schon wieder Antisemitismuskeule. Woanders ist es auch schlimm. Man ist gerade so schön dran an den massen. Die Kritik der Antideutschen gilt immer öfter nur noch als Miesepeter. Was kümmern Realitäten? Vorwärts! Ein anderes Europa ist möglich. Der immer noch von vielen Gruppen vor sich hergetragene Anspruch, deutschen Großmachtprojekten den Kampf ansagen, erweist sich immer häufiger als hohles Bekenntnis. Events wie der 3. Oktober in Berlin zeigen, dass eine entsprechende Praxis keine Priorität genießt. Es gibt bessere Nachrichten.

 

Die zehnte Ausgabe der Phase 2 liegt vor euch. Reichlich bemüht, ließe sich das schlichte Jubiläum mit einem scheinbaren Bedeutungsüberschuss füllen. Immerhin sind es auch für linke ExistenzgründerInnen keine freundlichen Zeiten und manches publizistische Projekt schlitters schon nach kürzerer Zeit in die Insolvenz. Innovative Produkte verkaufen sich besser, so erklärte es sich vielleicht der oder die Liberale unter den LeserInnen. Dass aber die angeblichen »Gesetzmäßigkeiten« der MarktanbeterInnen nicht mal im Kleingewerbehandel verifiziert werden könnten, bewiese der Blick ins Spesenportemonnaie unserer RedakteurInnen. Nichtsdestotrotz, vom zeitgemäßen Wandel können wir wirklich eine Geschichte erzählen. Mit dem hehren Ziel, eine Plattform für die Neuorganisierung der Postantifa zu schaffen, wurde Phase 2 gegründet. Es hat im lutherischen Sachsen nicht lange gedauert, um festzustellen, dass es dem Projekt an reformatorischer Sprengkraft mangelt. Jetzt machen wir bekanntlich auf Ansatz- und Strategiediskussion. Aber mal unter uns. Bei diesem ganzen Gerede von Anpassung an die Schnelllebigkeit der Gesellschaft wird anständigen dogmatischen KommunistInnen richtig schummrig vor den Augen. Wir, unsere wahren Fans und unsere ehrlichen KritikerInnen wissen es auch besser. Im kern ist Phase 2 ein konservatives Projekt. Von der ersten Nummer an antideutscher Eklektizismus zum Mitmachen. Seit zehn Ausgaben schlagen wir nun schon dieser Gesellschaft mit der programmatischen Titel-Unterzeile »Zeitschrift gegen die Realität« ins Gesicht. Und sie schlägt mit Mölle- oder Hohmann, mit deutschem Krieg und deutschem Frieden, mit Sozialabbau und Arbeitswahn und tagtäglich mit irgendwelchen anderen Schweinereien zurück. Folgerichtig kultiviert sich bei offenen Geistern eine wertmäßig stabile Abscheu, die nur einen Ausweg kennt. Öffentliches dagegen sein. Da stehen wir und wollen nicht anders.

 

Die Redaktion