In eigener Sache: Gegen den Kurzschen Geschichtsrevisionismus



»Ist es zulässig, diese Bezeichnung zu verwenden?«, fragt sich Kurz bei seiner Ausweitung des KZ-Begriffs auf die Gegenwart und fährt fort: »Es gibt eine gewisse opportunistische Sorte von Tabuisierung des Begriffs KZ, die diesen ausschließlich für die nationalsozialistische Vernichtungspraxis reservieren möchte. So richtig es aber ist, noch innerhalb des kapitalistischen Grauens zu differenzieren und auf der Singularität von Auschwitz zu beharren, so falsch wird dieser Gedanke und schlägt in Apologetik um, wenn damit die Praktiken der demokratischen Apparate und speziell des heutigen Ausgrenzungsimperialismus hermetisch von der Praxis des NS getrennt werden sollen. Wie die Nazis integraler Bestandteil der westlichen Modernisierungsgeschichte und der kapitalistischen Entwicklung waren, so gehört auch die Praxis des Konzentrationslagers zum allgemeinen Bestand der Moderne, und eben auch der westlichen Demokratien insgesamt.« (Kurz: 2003a, S. 203) Was mit dieser Ausweitung eines historisch eindeutig belegten Begriffs beabsichtig wird, ist offensichtlich. Nicht das Konstatieren eines allgemeinen Bestands der Moderne, sondern die Übertragung des Abscheus vor KZs auf die heutigen Internierungspraxen. Die Unterschiede werden dafür leichthin weggewischt. Als ob die Behandlung von MigrantInnen nicht erschütternd genug wäre, müssen die Praktiken des Nationalsozialismus herangezogen werden. Doch die heutigen Lager unterscheiden sich nicht nur von der Vernichtungsfabrik Auschwitz, sie unterscheiden sich auch wesentlich von anderen Typen des Konzentrationslagers, die alle nicht vom Nationalsozialismus und seiner Ideologie zu trennen sind. Da nützt auch der Hinweis nichts, der Nationalsozialismus sei aus einer kapitalistischen Wirklichkeit hervorgegangen. Denn wie dieser Hinweis hilft, zu verstehen, dass entgegen des eigenen Selbstverständnisses auch die BRD nicht das ganz Andere des nationalsozialistischen Deutschland ist, dient er doch der Verdrängung der Geschichte, wenn plötzlich alles wieder Faschismus ist, als allgemeiner Bestand der Moderne.

Phase 2