In Motion

Darum Israel...verdammt!

Bereits am 15. Oktober 2009 verhinderten ca. 30 AntiimperialistInnen aus dem Umfeld des Hamburger Internationalen Zentrums B5 die Aufführung von Claude Lanzmanns Dokumentarfilm Warum Israel im Hamburger Kino b-movie und attackierten, bespuckten und beschimpften die BesucherInnen mit antisemitischen Parolen (siehe dazu auch in motion in der Phase 2.34). Die Gruppe Kritikmaximierung, die den Film hatte zeigen wollen, setzte eine Neuaufführung für den 13. Dezember an. Um die Filmveranstaltung zu unterstützen, mobilisierte das Bündnis gegen Hamburger Unzumutbarkeiten zu einer Demonstration am selben Tag, zu der etwa 500 Menschen kamen. Auch die IsraelhasserInnen fanden sich erneut ein, um die KinobesucherInnen zu beschimpfen und zu fotografieren, konnten die Aufführung des Films jedoch diesmal nicht verhindern.

Lanzmann erklärte später, dass es sich bei der antisemitischen Aktion am 15. Oktober um das erste Mal handelte, dass die Aufführung eines seiner Filme verhindert wurde. Dass ausgerechnet deutsche AntiimperialistInnen sich diese »Leistung« zugute halten können, spricht leider Bände über die Verhältnisse in dieser Linken. Ebenfalls vielsagend ist, dass die antisemitischen Attacken damit nicht zu Ende waren: So wurden in der Nacht zum 31. Januar 2010 zwei israelsolidarische Antifaschisten von ihnen bekannten Tätern auf dem Heimweg überfallen und dabei als »Faschisten« beschimpft, die den »Genozid an den Palästinensern« propagierten.

Weitere Informationen auf b-g-h-u.blogspot.com.

Andi will kein Autonomer sein!

Für viel Erheiterung sorgten in den letzten Wochen die vom Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen herausgegebenen Comics für Demokratie und gegen Extremismus (kurz CoDeX). In bislang drei Folgen muss der Protagonist Andi, ein modischer Jugendlicher mit Käppi und feschem Spitzbärtchen, sich gegen die Avancen zur Wehr setzen, die ihm und seinen Freunden erst von Nazis, dann von Islamisten und schließlich von Linksradikalen gemacht werden. Dass ihm das mit seinem geschulten Sinn für demokratische Rechte und Pflichten nicht schwer fällt, versteht sich von selbst.

Besonders das dritte Heft, in dem die Linksextremisten Andis Kumpel Ben werben wollen, zeigt, dass das Land Nordrhein-Westfalen so schlecht informiert gar nicht ist: Manche »Linke« vertreten zum Teil das Gleiche wie Nazis, da ist schon was dran. Und auch von Antideutschen hat man schon mal gehört und findet sie ganz besonders ausgefallen. Zugegeben: Unter dem Stichwort »Sozialismus« wird krasseste Geschichtsklitterung betrieben, und auch, was dort zu »Marxismus« und »Kommunismus« steht, verdient nur ein »sechs, setzen!«

Doch die geheime Botschaft des Andi-Hefts über Linksradikalismus ist sowieso eine ganz andere, nämlich: Junge, lass dich nicht vom Weib verführen! Ben will nämlich ganz eindeutig eigentlich nur wegen den coolen Frauen mit schicken Haaren und Augenbrauenpiercings zu den Linksradikalen. Doch der treue Andi ahnt natürlich schon, dass die schwarzgekleideten Revoluzzerdamen ganz schlimme Femmes Fatales sind, und so unternimmt er alles, um Ben in den Schoß seiner freiheitlich-demokratischen Schulhofsclique zurückzuholen. Die einzige Frau, die in diesem Jungsclub Platz hat, ist die keusch bekopftuchte, bescheidene Ayshe ...

Ganz lesen kann man die CoDeX-Hefte online unter:

www.andi.nrw.de

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Antiziganismus hier und anderswo

Die Opferberatung für Betroffene rechtsmotivierter und rassistischer Gewalt der RAA Sachsen veröffentlichte Ende Januar eine Pressemeldung, dass am 26. Dezember 2009 das Haus einer Sinti-Familie in Klingenhain komplett ausbrannte. Verletzt wurde glücklicherweise niemand, da die Familie Weihnachten bei Verwandten verbrachte. Der Caravan-Handel der Familie brannte ebenfalls nieder. Eine Rückkehr nach Klingenhain kann sich die Familie nicht vorstellen, während die Polizei derzeit noch keine Erkenntnisse zu den TäterInnen hat und die DorfbewohnerInnen schweigen.

Dem Brandanschlag gingen jahrelange Anfeindungen und Bedrohungen durch die Dorfgemeinschaft voraus. Beschimpfungen als »Zigeuner« oder »Dreckspack«, Bedrohungen und Schläge waren an der Tagesordnung. Bei der Polizei gestellte Anzeigen wurden jedoch ausnahmslos nicht verfolgt. Nun erklärten die örtlichen Neonazis das Haus zum Angriffsziel. Von insgesamt vier Vandalismusfällen berichten die Betroffenen in den vergangenen Monaten. Im September 2009 wurde die Fensterscheibe des Kinderzimmers mit einem Stein eingeworfen, um den ein Zettel mit den Worten »Haut ab, ihr Kanaken!« gewickelt war.

Doch nicht nur in Sachsen leben Roma und Sinti gefährlich. In der türkischen Ortschaft Selendi in der Provinz Manisa hat ein Mob von türkischen Nationalisten ein Roma-Viertel angegriffen und Zelte, Hütten, Häuser und Fahrzeuge in Brand gesteckt. Das Pogrom geht auf einen Vorfall in der Silvesternacht zurück, als der Besitzer einer Teestube dem Rom Burhan Ucku mit den Worten »Kein Tee für Zigeuner« seine Bestellung verweigerte. Ucku wurde verprügelt und aus dem Teehaus geworfen. Nachdem Ucku und seine Freunde ihrerseits Steine auf das Teehaus warfen, wurde das Roma-Viertel von etwa tausend Personen gestürmt und mit Steinen und Molotowcocktails verwüstet. Sie skandierten Parolen wie »Selendi gehört uns!« und »Zigeuner raus!«. Laut Zeugenaussagen hatte Bürgermeister Nurullah Savas von der faschistischen MHP die Bevölkerung zu den Angriffen ermutigt. Die Polizei ließ den rassistischen Mob fünf Stunden lang gewähren. Sie könne die Sicherheit der Roma nicht mehr garantieren. Erst als die Militärpolizei eingriff, nahm die Aggression ein Ende. Niemand wurde festgenommen. Der Gouverneur der Provinz will 74 Roma, darunter 15 Kinder, nach dem Pogrom in Fertighäuser des Roten Kreuzes in der Nachbarstadt Salihli umsiedeln lassen.

Lady*fest in München

Vom 23. bis 25. April 2010 findet in München ein Lady*fest statt, um über Geschlechtergrenzen zu diskutieren, ihren Sinn zu hinterfragen, ihren Unsinn zu entdecken und ihre Überschreitung zu versuchen. Neben einem Workshop-Programm zu Themen wie Nationalsozialismus und Gender, Sexarbeit, Essstörungen und Schönheitsidealen in der queer-feministischen Linken, Selbstverteidigung gegen gender attacks oder sicher surfen im Internet, wird es auch Bands, Kunst und Party geben. Dazu kommen unter anderem die Band bell's roar aus New York (www.myspace.com/bellsroar), die Liedermacherin Krikela aus Köln (www.myspace.com/krikela) und der DJ-Act Eve Massacre (www.myspace.com/evemassacrespace). Selbst einen Workshop anzubieten oder sich als Band bzw. KünstlerIn zu beteiligen, ist über www.ladyfestmuenchen.org möglich. Auf der Seite gibt es auch Infos zu geplanten Soliparties in München und die Möglichkeit in Diskussionen zur Frage des Monats einzusteigen.

125 Jahre Afrika-Konferenz

Vom 15. November 2009 bis zum 27. Februar 2010 erinnerte die Kampagne »125 Jahre Afrika-Konferenz. Erinnern. Aufarbeiten. Wiedergutmachen« an den Zeitraum, in dem 1884/85 auf Einladung Bismarcks in Berlin die Kolonialmächte Deutschland, Belgien, Großbritannien, Frankreich, Spanien, Portugal, Italien, Russland, Türkei, USA, Österreich/Ungarn, Niederlande, Dänemark und Schweden/Norwegen die Aufteilung des afrikanischen Kontinents untereinander regelten. Die damals mit dem Lineal gezogenen Grenzen zwischen den Kolonien sind als Landesgrenzen teilweise bis heute gültig. Auch in der BRD die Erinnerung an die bis heute wirksamen Konsequenzen des Kolonialismus zu wecken, war das vorrangige Ziel der Kampagne. Neben zahlreichen Veranstaltungen im Bundesgebiet – mit dem eindeutigen Schwerpunkt in Berlin – forderte sie auch Mahnmale und die offizielle Begehung des »Internationalen Tags zur Erinnerung an den Sklavenhandel und an seine Abschaffung« am 23. August in Deutschland. Eine öffentliche Beschäftigung mit den kolonialen Verbrechen und das gezielte Vorgehen gegen Rassismus sind laut dem Kampagnenaufruf genauso überfällig wie die Rückgabe kolonialen Raubguts und die Leistung von Entschädigungszahlungen.

Symbolische Proteste real niedergeschlagen

Die Ergebnisse des Kopenhagener Klimagipfels Anfang Dezember waren beeindruckend. Über 1.900 Gewahrsamnahmen, die Käfighaltung von Gefangenen und eine stundenlange Straßenschlacht um das Viertel Christiania. Dazu kommen Einreiseverbote, jede Menge Abhörmaßnahmen und die gezielte Festnahme von SprecherInnen protestierender Organisationen wegen des Aufrufs zur Gewalt gegen die Polizei oder zu Landfriedensbruch – auch wenn deren »Erstürmung des Kongresszentrums« von vornherein nur symbolisch bleiben sollte und nie die ernsthafte Gefahr der tatsächlichen Realisierung eines solchen Vorhabens bestand. Bezüglich eines internationalen Klimaabkommens hatte sich in Kopenhagen bekanntlich nicht so viel getan, aber die Repressionswelle zeigte schon mal an, wo der Hase lang läuft, wenn es wegen des Wetters irgendwann mal richtige Probleme geben sollte und irgendjemand auf die Idee kommt, die zuständigen Regierungen müssten zum Handeln gedrängt werden.

Es darf nie wieder Intoleranz von deutschem Boden ausgehen!

In Dresden wird jedes Jahr der Bombardierung der Stadt durch die Alliierten gedacht, mit der ja quasi der 2. Weltkrieg begonnen wurde. Und das, obwohl die Deutschen eigentlich schon damals angefangen hatten, sich für die Hitlersache zu schämen. Auch Neonazis gedenken. Das ist nicht gut, denn Neonazis, wie jedeR weiß, schämen sich nicht für die Hitlersache. Es ist in Dresden also nicht so gerne gesehen, dass die Nazis durch die Stadt ziehen, noch weniger allerdings, dass das bundesweite Bündnis Dresden Nazifrei! durch Dresden marschiert. Einmal natürlich, weil es schon einen Gedenkmarsch gibt. Das reicht ja wohl! Und wenn das Bündnis schon Dresden Nazifrei heißt, warum marschieren die dann nicht an dem Tag, wo auch die Nazis marschieren? Wenn an irgendwelchen beliebigen Tagen dafür demonstriert wird, dass es in Dresden keine Nazis gibt, kommen am Ende alle durcheinander. Und alle vergessen, worum es wirklich geht: Deutschland nämlich. Grund genug, diese Nazifreien einmal gründlich zu durchsuchen. Dabei finden die Durchsucher heraus, dass sie blockieren wollen, die Nazis nämlich. Dresden ist aber eine tolerante Stadt, die ihre Lektion aus der Sache von damals gelernt hat. Hier wird nie wieder irgendwas oder irgendwer blockiert. Denn wer blockiert, der bombardiert auch Kirchen. Und wo das hinführt, wissen wir ja. Auf diese bitter erlernte Toleranz kann Deutschland durchaus stolz sein. Grund zum Feiern also im Februar in Dresden.