Interview mit Marcelo Leon Calarca, Sprecher der Internationalen Komision der FARC - EP.

Havanna, Cuba, November 2001

Die FARC kämpfen seit mehreren Jahrzehnten, und ihre Aktionen sind hauptsächlich auf das Land beschränkt. In anderen Guerrillas Lateinamerikas war die städtische Komponente stärker betont. Seid ihr eine Landguerrilla? Wie ist eure Präsenz in den Städten?

Die Organisierung des Kampfes in den verschiedenen Ländern richtet sich immer nach den konkreten Bedingungen vor Ort. Ihren Ursprung haben die FARC auf dem Land, unter den Bauern und der Landbevölkerung, aber es wäre falsch zu sagen wir seien eine Land- oder gar Bauernguerrilla. Die FARC ist in ganz Kolumbien präsent. Aber als irreguläre Guerrillaarmee ist ihr Gebiet notwendigerweise hauptsächlich auf dem Land. Aber die FARC ist auch in allen grösseren Städten vertreten und es gibt Guerrillaaktionen in allen Städten. Da gibt es einen wichtigen Unterschied zwischen der FARC vor 20 Jahren, die ausschliesslich auf dem Land operierte, und der jetztigen Situation, in der unsere Aktionen sowohl auf dem Land wie auch in den Klein - und Vorstädten und in den grossen Metropolen stattfinden. Aber in der Rolle die den Massenmedien in diesem Krieg zugedacht ist, berichten diese nicht über solche Dinge, um den Vormarsch der Guerrilla zu verschweigen und zu leugnen. Also, im Ursprung und in der Aktualität ist unser Zentrum und Hauptaktionsfeld nicht in den Städten, das ist klar. Aber dort ist es wo wir hin wollen, worauf wir abzielen, denn in der Stadt sitzt das Zentrum der Macht, und dort findet die Machtübernahme statt. Und zusammen mit dem kolumbianischen Volk sind wir dabei diese Machtübernahme zu organisieren.
 

Aber das kolumbianische Volk, die Zivilgesellschaft, steht im Schussfeld der Paramilitärs, die alle vernichten wollen die in irgendeiner Form, und sei es nur als soziale Basis mit der FARC in Verbindung gebracht werden können. Mit welcher Massenbewegung zählt ihr, in einen Land wie Kolumbien das durch die Gewalt der Militärs und Paramilitärs absolut gebranntmarkt ist? Und bezüglich der Machtübernahme, diese kann vielleicht militärisch erfolgreich sein, aber ohne eine breite Unterstützung der Massen gestaltet sich das doch etwas kompliziert.

Darüber sind wir uns absolut im Klaren, und niemals haben wir der Weltöffentlichkeit gesagt das wir die Macht übernehmen werden, alleine. Wir haben stets betont das die Machtübernahme mit dem kolumbianischen Volk und für das kolumbianische Volk geschehen muss. Mit diesem Volk, von dem wir ein integraler Bestandteil sind, glauben wir das der Volksaufstand möglich ist. Daran arbeiten wir. Bezüglich der Unterstützung der Massen, wird oft behauptet das wir ein Problem hätten und isoliert vom Volk wären; dass wir die Menschenrechte missachten, und beides stimmt nicht. An erster Stelle macht es keinen Sinn, dass wir die Menschenrechte des Volkes missachten, von dem wir ein Teil sind. Zweitens muss man sich fragen, wie sich die Welt erklärt, dass wenn die FARC isoliert ist von den Massen, sie sich gleichzeitig hält und weiter wächst. Es ist allgemein bekannt dass der Schützengraben der Guerrilla die Volksmassen sind, und ohne Volksmassen würde die Guerrilla notwenigerweise aussterben. Und genau das ist die Politik der sogenannten Paramilitärs, die nichts anderes sind als eine Ausweitung des schmutzigen Krieges der offiziellen Streitkräfte. Die Paramilitärs für sich, ohne die Regierungsstreitkräfte, existieren nicht. Das haben wir mehrfach aufgezeigt und Tatsachen und Beweise vorgelegt, wie die Soldaten der Nationalarmee die Uniformen wechseln und in den sogenanten Selbstverteidigungs-gruppen (AUC) der Paramilitärs operieren. Warum? Um den Terror unter der Bevölkerung zu sähen. Aber sie haben es nicht geschafft dieses kolumbianische Volk zu brechen, dass weiter kämpft um ein neues Kolumbien aufzubauen, ein souveränes Land in dem Gerechtigkeit und Frieden herrscht. Durch die Politik der Paramilitärs ist Kolumbien weltweit bekannt geworden als ein terroristischer Staat. Der Staatsterrorismus übt seine Macht durch blanken Terror aus. Aber sie haben nicht geschafft was sie erreichen wollten. Deshalb nun die Idee dem Fisch das Wasser zu entziehen, wie es die Gringos in Vietnam genannt haben, die soziale Basis der Guerrilla auszulöschen. In Vietnam haben sie das nicht geschafft und deshalb gewannen die Vietnamesen. In Kolumbien haben sie es nicht geschafft und deshalb sind die FARC nachwievor die prinzipielle Kraft der politischen Oposition zum System in unserem Land.
 

Die Armee und die Paramilitärs behaupten ebenfalls einen grossen Teil der Zivilbevölkerung hinter sich zu haben, besonders die Paramilitärs beanspruchen für sich die Zivilbevölkerung zu vertreten. Wie steht es mit diesem Teil der Gesellschaft, der Zivilbevölkerung die die Paramilitärs unterstützt?

Diese Zivilbevölkerung gibt es nicht; oder anders gesagt: was ist Zivilbevölkerung? Wir beanspruchen den Begriff Zivilbevölkerung, denn nach der klassischen Definition sind Zivilbevölkerung all jene die nichts mit dem Staat zu tun haben. Wir sind bewaffnete und organisierte Zivilbevölkerung. Und es gibt unbewaffnete und organisierte Zivilbevölkerung, und dann gibt es noch Zivilbevölkerung, die leider den grössten Teil der kolumbianischen Gesellschaft ausmacht, die unbewaffnet und unorganisiert ist. Wir stehen nicht ausserhalb der Zivilbevölkerung, des Volkes. Ausserdem ist es nicht richtig dass es Zivilbevölkerung gibt die die Paramilitärs unterstützen, denn die Paramilitärs sind kein politisches Projekt, sie stellen keinerlei politische Forderungen. Wer sie unterstützt das sind Teile der traditionellen politischen Parteien, Teile der Oligarchie und der Bourgeoisie, die ihre Aktivitäten finanzieren, weil sie selber physisch nicht in der Lage sind in den Krieg zu ziehen. In keinem Fall kann behauptet werden das ein para hundert Leute, die als Paramilitärs operieren eine soziale Basis hätten, denn sie kämpfen ja weil sie bezahlt werden; sie sind Söldner der offiziellen Streitkräfte und eine sehr kleine Gruppe. Die militärische Stärke der Paramilitärs kommt von der kolumbianischen Armee.
 

Nach den Geschehnissen vom 11 September in den USA ist der Terrorismus und seine Bekämpfung zum internationalen Hauptanliegen geworden. Die FARC stehen auf der Liste internationaler terroristischer Organisationen, und der Plan Colombia tritt in eine neue Phase. Wie beurteilt ihr die Situation und die Möglichkeit einer unmittelbar bevorstehenden Intervention der USA in Kolumbien?

Es ist ja nicht erst seit September und den Vorfällen mit dem Pentagon und dem World Trade Center so, dass eine Intervention und der Plan Colombia organisiert wird. Schon seit sehr langer Zeit intervenieren die USA in Kolumbien. Im militärischen Aspekt sind zur Zeit mehr als tausend us- amerikanische Militärberater im Land, die militärische Schulungen betreiben und andere Dinge die verschieden verkleidet werden. Aber mit einer direkten Intervention sind sie bislang gescheitert, denn es ist ihnen nicht gelungen ihre berühmte Multinationale Streitkraft aufzustellen. Durch die Vorfälle vom 11. September ist es wahrscheinlich das sich die Zeit ein bischen verkürzt. Aber was wir uns fragen ist, wenn sie in Kolumbien direkt intervenieren, einem Land das eine total abhängige und untertänische Regierung den USA gegenüber hat, gegen wen intervenierten sie denn dann? Das wäre eine militärische Besatzung, die den Krieg auf eine andere Ebene heben würde, in der andere soziale Sektoren in den Krieg reingezogen würden. Dann geht es ja nicht mehr um den Kampf für die Machtübernahme, sondern um den Kampf gegen eine Besatzungsmacht, um den Kampf für die Befreiung von einer ausländischen Armee. Das würde undenkbare Dimensionen einnehmen und für niemanden von Vorteil sein. Deshalb glauben wir das es sehr kompliziert ist das die Gringos eine solche Entscheidung fällen, denn hier werden sie nicht ihren Computerkrieg spielen können, hier müssen sie Infantrie reinschicken, und dann gibt es Tote auf beiden Seiten. Und das hält das us- amerikanische Volk nicht aus wenn sie anfangen zu sehen wie ihre Söhne in einem Krieg sterben der überhaupt nichts mit ihnen zu tun hat, denn die Interressen sind ja ausschliesslich die der grossen Transnationalen Unternehmen um die es geht. Also, es ist eine komplexe Angelegenheit. Wir glauben das es eine Verrücktheit wäre, aber wir wissen auch das sie in der Lage sind Verrücktheiten auszuführen und deshalb bereiten wir uns auf diese mögliche Situation vor.
 

Aber wenn man die ganzen Bemühungen um eine internationale Interventionsarmee berücksichtigt, die gemeinsamen Manöver lateinamerikanischer Streitkräfte zur Intervention, wie die Übungen von Cabañas in Argentinien. Klar scheint das die USA militärisch nicht direkt selber intervenieren, das haben sie aus Vietnam gelernt, aber eine andere Form der Intervention wie die einer internationalen Armee scheint doch wahrscheinlich. Glaubst Du nicht, dass ihr diesbezüglich ein bischen zu optimistisch seid?

Nein. Ich habe nicht gesagt das es keine Intervention geben wird, wir glauben das sich diese Art der Intervention die Du beschreibst sehr kompliziert gestaltet. Und gleichzeitig rufen wir die Völker der Welt auf sich gegen die Formierung einer multinationalen Interventionstruppe in Kolumbien zu stellen. Aber die argentinische Armee, die ecuatorianische Armee, die peruanische Armee, die chilenische und die brasilianische Armee, also sämtliche Armeen Lateinamerikas befinden sich nicht in den Konditionen Tote in einem Krieg zu stellen mit dem sie absolut nichts zu tun haben. Und selbst die Bourgoisien dieser Länder weigern sich diese Toten zu stellen. Nicht weil sie auf einmal ein weiches Herz bekommen hätten, oder weil sie in letzter Zeit plötzlich zu netten Leuten geworden wären, sondern weil sie keine Vorteile von diesem Krieg haben. Den Gewinn hat das Imperium und die Transnationalen. Also, weil sie keinen direkten Nutzen daraus ziehen, weigern sie sich auch sich für ein solches Unternehmen zu verpflichten. Ausserdem sind die Bedingungen in den verschiedenen Ländern Amerikas stark von den sozialen und politischen Kämpfen des Volkes geprägt, und diese Kämpfe erlauben es nicht solche Entscheidungen zu treffen die den inneren Protest noch verstärken. In den schwierigen Bedingungen unter denen die Leute leben gibt es schon genug Gründe um zu protestieren, und das geschieht ja auch und gestaltet sich für die herrschenden Schichten als immer schwieriger. Deshalb wollen die Oberschichten es auch nicht riskieren der Bevölkerung noch einen Grund zum Protest zu geben, der unter Umständen das Fass zum überlaufen bringen kann.
 

In der Geschichte der Guerrillabewegungen in Lateinamerika hat es grosse und öffentliche Prozesse internationaler Solidarität gegeben, wie im Falle von EL Salvador und bei den Sandinisten. In Kolumbien, wo der Kampf über Jahrzehnte hinweg geführt wird gibt es internationale Solidarität auf dieser Ebene nicht. Was sind die Gründe dafür? Wird das bei Euch analisiert?

Es gibt Gründe dafür, und uns besorgt das auch. An erster Stelle etwas zu den Zeiten; die FARC stehen jetzt seit 37 Jahren im Kampf, aber erst seit 1995, also erst seit 6 Jahren, erscheinen sie auf der internationalen Bildfläche. Wir waren eine Bewegung ..., wir sind nicht an der Sache der Propaganda interressiert. Das was wir sagen, und was wir versprechen, und das was wir zeigen, ist das was wir sind, wir sind keine Propagandaleute und darin unterscheiden wir uns von vielen anderen Kräften. Aber wir sagen auch, das unsere Verantwortung die kolumbianische Revolution ist, als erster Schritt. Und deshalb widmen wir unsere Kräfte dem Aufbau und der Entwicklung dieser Stärke, und wenn wir auf nationaler Ebene präsent sind, dann gehen wir nach aussen. Es gibt eine grosse Unkenntnis über die FARC, und da denke ich müssen wir auch selbstkritisch mit umgehen und vielleicht haben wir uns geirrt. Aber auch wegen zwei Dingen auf internationaler Ebene; zum einen den Sturz des sogenannten Realsozialismus in Osteuropa, die ganze Phase des Postmodernismus, und der grosse ideologische Ansturm des Kapitalismus, der die Leute glauben lässt das der Aufbau des Sozialismus nur ein Traum ist der nichts mit der Realität zu tun hat, der verkündet das der Kampf für eine gerechte Gesellschaft, für eine Gesellschaft die die Interressen, die Gefühle und die Wünsche aller Kolumbianer beantwortet, eine Sache ist die der Vergangenheit angehört. Was viele Leute glauben macht das der Guerrillakampf etwas Romantisches ist, nicht etwas Reales das für ganz konkrete Dinge antritt und sich auf objetive Gründen beruft. Und solange diese Gründe nicht behoben sind kann der Krieg nicht zu Ende sein. Wir als Guerrillabewegung sind nicht der Grund für die Gewalt und für den Krieg. Wir sind die Konsequenz einer Politik der Gewalt die die USA, der kolumbianische Staat, und seine Regierung unserem Land auferlegt haben. Das hat auch mit der fehlenden Solidarität zu tun; zum einen die Desinformation, und zum anderen diese Ernüchterung und Enttäuschung, diese ganze Etape die alle revolutionären Bewegungen der Welt durchleben mussten, und die jetzt erst langsam wieder anfangen sich stärker zu artikulieren, weil klar ist das eine Veränderung der Gesellschaften nötig ist, das der Aufbau des Sozialismus nötig ist. Die Verleumnungskampanie die unseren Kampf für Gerechtigkeit diffamiert läuft auf vollen Touren und ist sehr gut organisiert und verbreitet, was leider auch bei einigen Teilen der Bevölkerung angeschlagen hat, sogar bei Teilen die sich Linke nennen, die uns als Drogenterroristen und Menscherechtsverletzer bezeichen. Und nichts davon ist richtig. Wir haben absolut keine Beziehung zum Terrorismus, und auch nicht mit dem Drogengeschäft. Genauso wenig verletzen wir die Menschenrechte der Bevölkerung, unseren Volkes für das wir doch kämpfen. Diese internationalen Pressekampanien gegen die FARC, in denen ganze Flüsse von Tinte verschwendet werden, schaffen nicht nur eine Desinformation sondern auch eine gezielt falsche Information, und das ist noch schlimmer. Damit müssen wir umgehen, und andere Guerrillbewegungen waren dem in diesem Masse glücklicherweise nicht so ausgesetzt. Aber hier stehen wir, und deshalb ist es für uns auch so wichtig diese Art von Möglichkeiten zu nutzen die uns alternative Medien bieten, um unsere Realität aufzuzeigen, um zu zeigen wer wir wirklich sind und wenigstens in etwas dieser grossen Desinformationskampanie der monolitischen Presse zu widersprechen. Also, ich sage in etwas, nicht weil wir nicht allem widersprechen, sondern weil der Einfluss und Radius der alternativen Medien noch sehr klein ist, aber er ist wichtig weil er die konsequenteren Leute erreicht, die sich engagieren können, und in der Tat ist es auch das worum wir bitten, nämlich das sie sich einsetzen und sich in Reproduzenten dieser Realität verwandeln, oder das sie wenigstens die Information von beiden Seiten haben, das sie ihr Recht auf freie Meinungsbildung ausüben.
 

Wie beurteilt ihr die Präsenz der anderen starken Guerrillagruppe, der ELN, nachdem es mit der Coordinadora Guerrillera Simón Bolívar einen Prozess der Einheit der Guerrillas gegeben hat der offensichtlich gescheitert ist? Zur Zeit sieht es eher so aus als ob sich die Einheit nicht auf der Ebene der beiden Organisationen als solche ergibt, sondern punktuell und lokal in verschiedenen Regionen Kolumbiens. Wie können die beiden Guerrillas zusammenarbeiten?

Es ist ja nicht so das sich das nicht auf der Ebene der Organisationen ergibt. Die Demonstrationen der Einheit, die gemeinsamen Aktionen, die Forderungen nach gemeinsamen Aktionen werden von den Organisationen gemacht. Wir haben eine landesweite Politik, und niemand kann in irgendeiner beliebigen Region des Landes einfach machen was ihm gerade einfällt, ohne die Zustimmung unser nationalen Leitung zu haben, dem Sekretariat. Ich glaube das ist wichtig klarzustellen. Das heisst es ist der Ausdruck dessen was die FARC als strategisches Ziel vorgibt: die Einheit. Aber das muss eine reale Einheit sein, das soll heissen das es uns nichts bringt davon zu reden das wir vereint sind wenn wir es nicht sind. Die Coordinadora Guerrillera Simón Bolívar war eine positive Erfahrung, aber wie Du sagst, ist sie gescheitert. Aber wir sind weiterhin in diesem Prozess und dabei diese Einheit aufzubauen, da gehen wir Schritt für Schritt. Wir sagen nicht das wir morgen eine einzige Kraft bilden, das ist nicht zu schaffen. Es ist unser Ziel, und die Politik der FARC wertet die Einheit als strategisch vital. Leider ist diese Angelegenheit objektiv und nicht subjektiv, es ist nicht einfach so das wir die Einheit wollen und uns vereinen. Es gibt Punkte die müssen wir klären und diskutieren. Aber unsere Politik ist, diese Diskusion nicht öffentlich zu führen weil wir glauben all diese Probleme öffentlich auszutragen hilft dem Prozess der Verständigung, der das wichtigste ist, kein Stück weiter. Es gibt Komunikationskanäle, es gibt Diskusionen, es gibt die Konstruktion der Einheit, und lassen wir zu das diese Kanäle funktionieren.
 

Wie beurteilt ihr die Entwicklung in Venezuela und die Bolivarianische Revolution von Hugo Chavez, der beschuldigt wird die Guerrillabewegungen in Kolumbien zu unterstützen?

Sieh mal, wir haben eine Politik und die halten wir auch ein. So wie es uns nicht gefällt das andere kommen und sagen was wir zu tun haben, weder öffentlich noch privat - und wir akzeptieren konstruktive Kritik an den Orten wo sie gemacht werden soll -, so machen wir das auch nicht mit anderen Kräften. Aber was ich sagen kann ist das Präsident Chavez und seine politische Bewegung nicht die FARC finanzieren. Die FARC ist selbstfinanziert und autark, und deshalb gegenüber anderen Machtzentren auch unabhängig in ihrer politischen Konzeption. Weder die Sowjetunion noch Kuba hat uns finanziert und ebensowenig finanziert uns Chavez, oder wir uns durch den Drogenhandel, das ist die Grundvoraussetzung für unsere politische Unabhängikeit. Das nur zur Klärung. Wir haben politische Beziehungen zu den Parteien in Venezuela, so wie auch zu vielen Regierungen; natürlich. Aber das sind Beziehungen eines Staates der entsteht und den die FARC repräsentiert. Die Tatsache das wir diese Beziehungen haben heisst nicht das sie uns helfen die FARC aufzubauen.
 

Aber noch mal zu Venezuela: die Regierung Chavez ist für das Imperium äusserst unbequem. Wie seht ihr den Widerstand in Lateinamerika, und kann Venezuela als Wegbereiter für andere Prozesse analysiert werden?

Nein. Wir glauben das die Politik des Imperiums jegliche Oposition bekämpfen will. In diesem Sinne geht die Blockade gegen Kuba weiter die seit 40 Jahren versucht die kubanische Revolution wirtschaftlich zu ersticken und in politische Probleme zu verwickeln. Das ist genau das selbe was sie jetzt mit Chavez machen. Chavez kann weder ja noch nein sagen, weil ihm alles uminterpretiert und in Widersprüche getrieben wird, seine Beziehungen zu uns, usw.. Das Imperium will die Völker Lateinamerikas seinen Interressen unterwerfen. So steht es zum Beispiel in den Dokumenten von Santa Fe 4, wo es ganz klar heisst das die natürlichen Resourcen Lateinamerikas den nationalen Interressen der US- Wirtschaft dienen müssen. Für sie ist Lateinamerika nach wie vor ihr Hinterhof, als Lieferant billiger Arbeitskräfte, Bodenschätze, Nahrungsmittel, und allem was sie brauchen, während andere Länder kein Recht auf Selbstbestimmung, Souveränität und Würde haben, und ihre Menschen nicht frei sein können.
 

Der Plan Colombia ist ein Plan der nicht nur Kolumbien sondern auch die gesamte Andenregion betrifft, und Ecuador ganz im Speziellen. Wie seht ihr den Widerstand gegen den Plan der über die kolumbianischen Grenzen hinausgeht?

Wir haben den Plan Colombia von Anfang an als einen Kriegsplan denunziert, der sich an erster Stelle gegen Kolumbien und seine Bevölkerung richtet, und an zweiter Stelle gegen Lateinamerika und die Karibik. Denn der Plan Colombia geht in Kolumbien los, aber sein Ziel ist Lateinamerika und die Karibik, das Objektiv ist die Amazonasregion. Also sagen wir das der Kampf gegen den Plan Colombia mehr ist als eine Solidarität mit dem kolumbianischen Volk, für die wir uns bedanken, denn der Kampf und die Aktionen gegen den Plan Colombia in den anderen Ländern ist Bestandteil der jeweiligen nationalen Kämpfe. Denn der Plan Colombia ist Teil der imperialen Mandate die darauf abziehlen die geostrategische Position der USA zu zementieren, durch die Rekolonisierung. Nicht das unsere Länder irgendwann mal unabhängig gewesen sind, aber in dieser globalisierten Welt, wie sie es nennen, in diesem Wettstreit der Wirtschaftsblöcke auf der einen Seite die USA, auf der anderen Deutschland mit seiner Europäischen Union, und ausserdem Japan und dem asiatischen Teil, müssen die USA sozusagen die Reihen schliessen und ihre Herrschaft reorganisieren, weil sie sehen das in kürzester Zeit andere mit ihnen um die Vormachtstellung konkurieren. Und davon ist der Plan Colombia ein Teil, genauso wie der Plan Puebla Panamá, der ALCA, und die Dollarisierung der Wirtschaft in Ecuador und El Salvador. Und ein weiterer Teil davon ist die Transnationalisierung des Rechts, was heisst das die Rechtssprechung der Gringos die Rechtssprechung für alle ist, ohne unser Recht und unsere Souveränität anzuerkennen. Es ist die Aberkennung unseres Rechtes als Nationen selbstbestimmt zu sein. Und deshalb sagen wir das das Recht auf Rebelion ausgeübt werden muss, denn es ist notwendig Gesellschaften aufzubauen die den Interressen und der Urteilskraft ihrer Bevölkerung entsprechen. Und darum muss gekämpft werden, in welcher Form auch immer je nach dem wie man denkt und welche Bedingungen vorhanden sind, gegen den Plan Colombia, gegen den Plan Puebla Panamá, gegen den ALCA, und gegen jede Form der Herrschaft des Imperium über unsere Länder.

Phase 2