Seit 1796 hält die US-Bevölkerung alle vier Jahre ein paar Wochen lang inne, während die Wahlberechtigten – zumindest teilweise – entscheiden, wer nun ins Zentrum der politischen Macht einziehen darf. Das Präsidentenamt verleiht einerseits weit reichende Befugnisse, von denen etwa bundesdeutsche Kanzler und Kanzlerinnen nur träumen können, man denke etwa an die Doppelfunktion als Oberhaupt der Exekutive und commander in chief, also Oberkommandierender der Streitkräfte. Andererseits verfügt der Präsident über keine wirkliche Kontrolle des Haushalts- und Gesetzgebungsprozesses im Kongress und hat über die Ernennung neuer BundesrichterInnen auf Lebenszeit nur indirekten Einfluss auf das Gerichtssystem. Durch die in der Verfassung von 1787 verankerte Gewaltenteilung auf Bundesebene und die relative Souveränität der einzelnen Bundesstaaten wird die Macht des Präsidenten oder der Präsidentin deutlich beschränkt. Auf bundesstaatlicher und lokaler Ebene ist die Macht noch einmal auf verschiedenste Stellen verteilt, sodass die Person, die gemeinhin als mächtigster Mensch der Erde gilt, im eigenen Land in vieler Hinsicht machtlos auf die politische Instanzen blickt, die auch ohne PräsidentIn reibungslos vor sich hin arbeiten. Gerade in Wahlkampfzeiten, wenn die politische Diskussion sich extrem auf die PräsidentschaftskandidatInnen konzentriert, gerät das Besondere US-amerikanischer Zustände oft aus dem Blick. Welche Faktoren bestimmen tatsächlich den US-Politikalltag, und wie unterscheiden sich diese Mechanismen von den aus Deutschland bekannten? Vier Elemente sollen hier herausgegriffen werden: Die ständig durch Einwanderung veränderte Bevölkerungszusammensetzung, die immensen Unterschiede zwischen Arm und Reich, das Gewinner-Prinzip bei der Besetzung politischer Posten und die Einflussnahme durch Lobbygruppen.
Demographischer Wandel – Politischer Wandel
Über 300 Millionen Menschen zählen die 50 Staaten der amerikanischen Republik. Die Zusammensetzung der Bevölkerung ist dabei in ständigem Fluss. Wenn man die Statistiken über die Altersstruktur betrachtet, sind die Vereinigten Staaten nur bedingt vom europäischen Trend des ansteigenden Durchschnittsalters betroffen. Beflügelt vor allem durch legale und illegale Zuwanderung wächst die US-Bevölkerung langsam aber stetig. 2050 soll sie auf gut 400 Millionen Menschen ansteigen.Die Daten und Prognosen des US-Zensus auf http://www.census.gov/. Dabei ergeben sich starke Verschiebungen in der Zusammensetzung. In den gewiss zweifelhaften Kategorien »race« und/oder geographische Abstammung, die der alle zehn Jahre abgehaltene Zensus zur Einstufung verwendet, bedeutet das: Während heute knapp unter 70 Prozent der US-Bevölkerung »white« ankreuzen, soll dieser Prozentsatz 2020 nur noch um die 60 Prozent betragen und bis Mitte des Jahrhunderts auf 50 Prozent sinken. Der Prozentsatz der Menschen, die sich als »black« identifizieren, soll in den kommenden Jahrzehnten etwa gleich bleiben, etwa bei 13 Prozent. Der Anteil von Menschen mit einem asiatischen Background, heute eine Minderheit von um die vier Prozent, soll bis 2050 auf acht Prozent ansteigen. »Hispanics«, also Menschen mit einem latein- oder südamerikanischen Hintergrund, bilden die am schnellsten wachsende Bevölkerungsgruppe in den USA. Lag im Jahr 2000 der Prozentsatz noch unter 13 Prozent, soll sich 2050 bereits jeder vierte US-Amerikaner dieser Gruppe zuordnen.Die statistischen Quellen des US-Zensus, festgehalten hier: http://en.wikipedia.org/wiki/German_American, insbesondere die Fußnoten Nr. 1 und 2. Ähnlich wie vor etwa 120 Jahren, als die US-Gesellschaft durch die Masseneinwanderung aus Ost- und Südeuropa neue Impulse bekam, oder noch früher, als viele Iren und Deutsche einwanderten, verändern heute die »Hispanics« das Gesicht des Landes. Obwohl die Einwanderung aus Mittel- und Südamerika keineswegs nur eine extralegale Migrationsbewegung gen Norden ist – und umgekehrt, die extralegale Migrationsbewegung in die USA nicht allein »hispanische« Menschen betrifft – ist diese Süd-Nord-Bewegung im Begriff, das Land grundlegend zu verändern.
In den 22 Jahren seit der letzten durchgreifenden Immigrationsreform 1986 und gut 11 Jahre nach der letzten Amnestie ist allein die Zahl der illegalisierten MigrantInnen auf 12 bis 15 Millionen Menschen angewachsen. Stetige Einwanderung ist seit der Kolonialzeit und erst recht seit dem Ende des Bürgerkrieges Mitte des 19. Jahrhunderts ein prägendes Merkmal der US-amerikanischen Gesellschaft. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts wird immer wieder versucht, die Einwanderung durch gesetzliche Barrieren zu begrenzen. Trotz sporadischer Erfolge gelingt die staatliche Kontrolle über die Zusammensetzung der eigenen Bevölkerung insgesamt kaum. Egal wer im November zum US-Präsidenten gekürt wird, die nächste Immigrationsreform wird kommen, und sie wird auch eine wenigstens teilweise Amnestie für illegalisierte MigrantInnen beinhalten. Denn wenn auch die Politik in Washington auf sich warten lassen mag, irgendwann müssen die Parteien auf den fahrenden Zug aufspringen, wollen sie nicht das WählerInnenpotential aus den wachsenden Reihen der eingebürgerten »Hispanics« und ihrer Kinder verspielen. Schon jetzt kämpfen Republikaner und Demokraten um diese Wählergruppe. Obgleich die Demokraten in diesem Rennen im Moment noch die Nase vorn haben (insbesondere seit die Republikaner gegen den reformistischen Kurs Bushs in den letzten Jahren auf einen starken Anti-Einwanderungskurs umgeschwenkt sind), versuchen die Konservativen auch durch subalterne Strategien bei traditionell katholischen Eingewanderten zu punkten.
Auffällig ist bei der gesamten Entwicklung, dass nicht die Parteien und die Politik die Gesellschaft ändern, sondern umgekehrt. Bis die Wucht der demographischen Entwicklung den Kurs der Parteien so stark verändert haben wird, dass eine nennenswerte Amnestie und eine vernünftige Einwanderungspolitik für die Süd-Nord-Bewegung ganz oben auf der Tagesordnung steht, wird gegen die Illegalisierten allerdings nach wie vor hart vorgegangen werdenDavid Bacon, »Bush 's Immigration Clampdown«. The Nation Online. http://www.thenation.com/doc/20070827/bacon; Ders. The Political Economy of Migration, http://dbacon.igc.org/Imgrants/2007politicaleconomy.html., obwohl das Reservoir an migrantischen Arbeitskräften längst fester Bestandteil der US-Wirtschaft geworden ist.
Wie seit hundert von Jahren regulieren sich die Migrationsbewegungen über die südliche Grenze der USA mehr oder minder von selbst. Die Mauer südlich von Kalifornien und entlang weniger sonstiger Grenzkilometer hindert dabei kaum jemanden an der Durchreise und dient eher der Abschreckung, ebenso wie die Militarisierung des Grenzbereiches. Der Grenzübertritt wird für einzelne MigrantInnen zwar deutlich gefährlicherSiehe der leicht veraltete, multimediale Beitrag von Frontline World: A Death in the Desert, http://www.pbs.org/frontlineworld/stories/mexico/; und ein Update dazu LoMonaco, Claudine. U.S.-Mexico Border: The Season of Death, http://www.pbs.org/frontlineworld/blog/2006/06/usmexico_border_1.html, aber insgesamt lässt sich die jüngste Migrationsbewegung durch die US-Politik nur bedingt kontrollieren. Bevor die Politik des Landes die Migrationsbewegung stoppen und umkehren kann, werden die Einwandernden selbst das Land bereits von innen heraus verändert haben.
Große Unterschiede zwischen Arm und Reich
Nur bedingt durchzusetzen ist allerdings auch der Anti-Diskriminierungskurs, den sich die USA seit der Bürgerrechtsbewegung der sechziger Jahre selbst verordnet haben. Rassismus, Sexismus, später auch Homophobie und Behindertenfeindlichkeit sollten damit aus der Gesellschaft verbannt werden, immer von der Überzeugung ausgehend, dass solche Phänomene sich durch Regierungshandeln beeinflussen lassen. Trotz vieler Bemühungen in dieser Hinsicht bleiben aber die USA hinter ihrem Selbstbild als Heimat der gelebten Aufklärung zurück. Insbesondere der Rassismus bleibt allgegenwärtig. Das Southern Poverty Law Center (SPLC), neben der Anti-Defamation League (ADL) eine wichtige Lobby-Organisation gegen Rassismen und andere Formen der Diskriminierung, zählt nicht weniger als 888 »Hate Groups« in den USA. Es geschehen jedes Jahr Tausende so genannte »Hate Crimes« – 2005 waren es 191.000 – von Vandalismus über die Verbreitung von Hetzschriften bis hin zu Brandstiftung und Mord.Siehe die SPLC-Karte der Hass-Gruppen: http://www.splcenter.org/intel/map/hate.jsp; hier befindet sich eine laufende Liste der Hass-Vorfälle: http://www.splcenter.org/intel/hatewatch/fortherecord.jsp. Die Webseite der ADL hat ebenfalls interessante Ressourcen, insbesondere zum Anti-Semitismus und Anti-Faschismus: http://www.adl.org/. Dazu kommen etwa im Justizsystem auch systemimmanente Rassismen stark zum Vorscheinen.
Trotzdem steht dank der Erfolge der Bürgerrechtsbewegung der Weg in die gelobte US-Mittelschicht heute nicht mehr nur weißen Männern offen. Das ist wichtig, weil Klassenzugehörigkeit bis zu einem gewissen Grad Hautfarbe, Geschlecht, Partnerwahl oder Behinderung überschreibt. Wer mit guter Ausbildung und einem prestigeträchtigen Beruf den Weg in die middle class geschafft hat, kann sich damit auch Liberalität in der sonstigen Lebensgestaltung – und politische Mitbestimmung – erkaufen. Große Teile der US-Gesellschaft mögen etwa rassistisch oder homosexuellenfeindlich sein, aber die wirklichen Gräben verlaufen zwischen Arm und Reich. Und diese Gräben sind tief: Sowohl in den armen ländlichen Regionen als auch in den so genannten städtischen »Ghettos« führen der kaum vorhandene Sozialstaat, die miserablen öffentlichen Schulen, die fehlende oder unzulängliche Infrastruktur und die mangelnde Krankenversorgung zu einer institutionalisierten Unterschicht, in der die Armut von einer Generation an die nächste ohne Aussicht auf Besserung vererbt wird. Dass damit auch weniger gesellschaftliche Mitbestimmung verbunden ist, dürfte klar sein. Auf der anderen Seite des gesellschaftlichen Spektrums liegt fast grenzenloser Reichtum: Der Maßstab für das Vermögen der Reichsten in den USA sind nicht mehr Millionen, sondern Milliarden.Siehe die Forbes 400, die Liste der 400 reichsten Amerikaner. 2007 betrug der Eintritt auf die Liste ein Vermögen vom 1,3 Milliarden Dollar: http://www.forbes.com/2007/09/19/richest-americans-forbes-lists-richlist07-cx_mm0920rich_land.html
US-Politik und die Lobbyarbeit
Man mag nun denken, dass Wahlen und politische Entscheidungsprozesse durch den reichen Bevölkerungsteil einfach gekauft werden könnten, aber so einfach sind auch diese Vorgänge (zum Glück) nicht in den Griff zu bekommen. Zwar werden alle zwei Jahre bei den Kongress- und alle vier Jahre bei den Präsidentschaftswahlen vor allem für Fernsehspots Milliarden ausgegeben, und trotz aller Versuche, den übermäßigen Einfluss der Reichen und der großen Konzerne bei den Wahlkämpfen einzudämmen, können sie immer noch de facto beliebige Beträge investieren. Einzelpersonen dürfen dabei einem Kandidaten oder einer Kandidatin nur maximal 2300 Dollar überweisen, und Konzerne und Geschäfte gar nichts, allerdings gibt es viele Wege, diese Vorschriften zu umgehen. So wird etwa jedes Familienmitglied separat gezählt, sodass einheitlich stimmende Familien mit einer ganzen Menge Geld Einfluss nehmen können, und es gibt Leute, die professionell solche Maximalbeiträge für die Kandidaten sammeln. Wichtige och: Es gibt hunderte (und, wenn man die bundesstaatlichen und lokalen Wahlen hinzurechnet, zehntausende) KandidatInnen, die man allesamt unterstützen könnte. Zusätzlich kann man noch die Parteien selbst unterstützen – oder nominell oder tatsächlich unabhängige Gruppen (nach dem entsprechenden Paragraphen im Steuerrecht »527s«genannt).
Dabei verliert man allerdings die Kontrolle über den Prozess: Wahlen für einzelne Bezirken kann man sicherlich kaufen, aber nicht die gesamte Bandbreite der Wahlen auf allen Ebenen, und auf gar keinem Fall das Präsidentenamt. Das heißt natürlich nicht, dass man dabei nicht auch dort zu allerlei unlauteren Mitteln greifen kann: In manchen Fällen sollen Tote wählen gehen, »Penner« kriegen eine Flasche für ihre Stimme, Altersheime werden geschlossen von den jeweiligen Parteien in die Wahllokale gekarrt, während die dementen Wähler bei solchen Ausflügen Armbänder mit den Namen der »richtigen« Kandidaten bekommen, sodass sie in der Kabine dann auch den richtigen Knopf drücken, usw.
The Winner takes it all
Der bedeutendste Unterschied zwischen dem US-Politiksystem und dem in Europa verbreiteten ist jedoch ein anderer: Jeder, der es in den Kongress oder in die legislativen Einrichtungen auf bundesstaatlicher oder kommunaler Ebene schafft, ist ein Gewinner oder eine Gewinnerin in seinem/ihrem Wahlbezirk. Diese Wahlbezirke werden gemäß der jeweils neuesten Zensusdaten eingeteilt, was den Volkszählungen unter anderem ihre Daseinsberechtigung verleiht. Da überrascht es nicht, dass die Zuschneidung der Bezirke stark umkämpft ist, denn wer diesen Prozess bestimmt, nimmt damit großen Einfluss auf den Wahlausgang, je nachdem, welche Wählergruppen welchem Bezirk zugeschlagen werden – oder eben nicht. Wichtiger ist aber, dass die Mitglieder der Legislative (und auch die/der PräsidentIn und die GouverneurInnen der Bundesstaaten) sich allesamt zunächst einmal ihren Platz erfolgreich erkämpfen müssen. Sie müssen ihre Wahlbezirke tatsächlich gewinnen, im Gegensatz zum proportionalen Wahlsystem etwa in der Bundesrepublik. Wenn in den Bundestag ausschließlich Direktmandatsträger einziehen würden, säßen dort neben Ströbele wohl nur die Koalitionsparteien. Andererseits müssen die Gewinner-Typen im US-Kongress eben auch keine anderen Fähigkeiten besitzen als die, Wahlen zu gewinnen. Es ist zwar gewiss keine einfache Leistung, ständig 50 Prozent + X zu holen, doch leidet eindeutig die Fähigkeit zur Sachpolitik darunter. Die Loser-Typen im Bundestag hingegen, die nie ein Direktmandat gewinnen könnten, sondern über die Landeslisten ihrer 10 Prozent-Parteien einziehen, sind vielleicht die besten Sachpolitiker, können sich aber eben auch nur innerparteilich durchzusetzen und ein paar Stimmen aus der Bevölkerung gewinnen.
Der Einfluss der Lobbygruppen
Zurück zum US-Kontext: Hier kommen außerdem Lobbyisten ins Spiel, große Firmen an der K-Street in Washington unweit des Kongresses, die im Namen ihrer Klienten die einzelnen Politiker bearbeiten, hätscheln und, wenn möglich, mit diesem oder jenem erpressen, damit sie bestimmte Stellungnahmen und Gesetzesentwürfe verfassen. Unter dem republikanisch geführten Kongress 1994–2006 verlief dieser Zirkel fast perfekt: Klienten z.B. der Pharma-Industrie (Nr. 1 unter den Lobbyisten, dahinter stehen die Tabak-Industrie und die Militärversorger), zahlten ihr Geld in die Wahlkampfkassen republikanischer Politiker, die Lobbyisten und deren bezahlte Eierköpfe schrieben Gesetzestexte und Regulierungsverordnungen, und die Klienten profitierten gemäß ihrer Interessen. Der »Hammer« Tom Delay, bis zu Erhebung diverser Korruptionsanklagen der Mehrheitsführer im US-Abgeordnetenhaus, war der Chef dieses pay-to-play-Systems. Es wurde zum Inbegriff für den bestimmenden Einfluss der Lobbyisten der Kapitalistenklasse auf die Politik. Es wäre allerdings naiv zu denken, dass andererseits die Demokraten, die auf solche Methoden angeblich verzichten, nicht irgendwie die Strategien für sich zu adaptieren versuchten.
Doch all das bedeutet nicht unbedingt, dass das System der Lobby-Politik grundsätzlich schlecht ist. Es sind nicht nur die »Bösen«, die in den USA Lobbyarbeit betreiben, sondern auch viele eher linke Gruppen wie die Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union oder die Umweltschutzorganisation Sierra Club – gegründet 1892, übrigens eine der ersten modernen Lobbygruppe in Washington. Jeder muss die Gewinner-Typen in den Ämtern mit Informationen und Aufmerksamkeit füttern. Ob die AmtsinhaberInnen dann für die entsprechenden Lobbyisten und ihre Pläne oder gegen sie entschieden, hängt letztlich davon ab, was für eine Politik sie schließlich vertreten wollen, oder wie die Leute im Wahlbezirk zu Hause denken - weniger von der direkten Lobbyarbeit.
Also ist in der US-Politik zwar viel – und vielleicht zu viel – Kalkül vorhanden, aber bei näherer Betrachtung herrscht gerade wegen der vielen widersprüchlichen Interessen, die sich die Einflussmöglichkeiten auf zahllosen Ebenen zunutze machen, mehr oder minder organisiertes Chaos. Nicht super für das Land und die Welt, aber Effizienz und Durchregieren wäre in vieler Hinsicht schlimmer. Immerhin ist zumindest dem Gedanken nach Gewaltenteilung, gegenseitige Kontrolle der Machtinstanzen und eine Vielfalt an direkten Einflussmöglichkeiten unterschiedlichster gesellschaftlicher Gruppen im System verankert. Wenn auch die Umsetzung zwiespältig ausfallen mag – ein Blick auf das deutsche und andere europäische Systeme der politischen Einflussnahme offenbarte wohl ähnlich große, wenn auch anders gelagerte Defizite bei der Partizipation, von der Einwanderung und ihrem Einfluss auf Gesellschaft und Staatsverständnis ganz zu schweigen. Die Konzentration auf die Präsidentschaftskandidaten Obama und McCain erscheint vor dem Hintergrund dieser Besonderheiten der US-Politiklandschaft verkürzt. Egal wer die Wahl gewinnt – mit dem Einfluss der Migration, der starken Gewaltenteilung auf allen Ebenen, einem strikten Gewinnerprinzip und der Lobbyarbeit der einflussreichen Bevölkerungsgruppen bekommt es jeder von ihnen zu tun.
WILLIAM HISCOTT
Der Autor ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Potsdam und Mitherausgeber der Wochenzeitung Jungle World.